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Freundschaftsgedichte

Dass Freundschaft etwas Wertvolles, ja unbezahlbar ist, darin sind sich alle Zeiten, Länder und Dichter einig. Auch die deutschen Klassiker, die hier zu Wort kommen sollen, stimmen dem zu. Die hohen Erwartungen, die damit einhergehen, formulieren Gellert und Ebner-Eschenbach ebenso beispielhaft wie konzentriert:

Ein Freund, der mir den Spiegel zeiget,
den kleinsten Flecken nicht verschweiget,
mich freundlich warnt, mich herzlich schillt,
wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt:
Der ist mein Freund.

(Christian Fürchtegott Gellert, 1715-1769)

Einen Menschen wissen,
der dich ganz versteht,
der in Bitternissen
immer zu dir steht,
der auch deine Schwächen liebt
weil du bist sein;
dann mag alles brechen
du bist nie allein.

(Marie Ebner-Eschenbach, 1830-1916)

Grillparzer und Joseph von EichendorffEichendorff zeigen in schlichten Versen, wie man jemandem die Freundschaft sowohl herzlich als auch verbindlich antragen kann:

In ein Stammbuch

Dem nur blühet wahres Glück,
Den auf seinem Pfade Freundschaft leitet.
Was es seinen Lieblingen bereitet,
Gab dir alles das Geschick.
Eins nur ist zu geben mir geblieben
Und dies einzige biet ich dir an:
Eine Seele, die dich innig lieben
Und dir Freundschaft geben kann.

(Franz Grillparzer, 1791-1872)

An ...

Wie nach festen Felsenwänden
Muss ich in der Einsamkeit
Stets auf dich die Blicke wenden.
Alle, die in guter Zeit
Bei mir waren, sah ich scheiden
Mit des falschen Glückes Schaum,
Du bliebst schweigend mir im Leiden,
Wie ein treuer Tannenbaum,
Ob die Felder lustig blühn,
Ob der Winter zieht heran,
Immer finster, immer grün -
Reich die Hand mir, wackrer Mann.

(Joseph von Eichendorff, 1788-1857)

Außer in der berühmten Ballade Die Bürgschaft (hier zu finden unter Friedrich von SchillerSchiller) wird die Freundschaft noch öfter mit großen Hymnen gefeiert. Bei Günther überraschen, trotz der barockzeit-gebundenen Antithetik und Weltverachtung, viele Aspekte, die auf unsere Gegenwart zutreffen; Schubart zieht Freundschaft sogar der Mädchenliebe vor.

Lob der Freundschaft

Kein Mensch hat von des Höchsten Güte
Ein größer Zeugnüß auf der Welt,
Als wem sie ein getreu Gemüthe
Durch seltne Führung zugesellt,
Dergleichen Schaz lehrt uns auf Erden,
Viel eitler Wüntsche loszuwerden.

Die Güter des bedrängten Lebens
Sind insgemein mehr Schein als Werth.
Man sucht das Glücke da vergebens,
Wo Ehr und Pracht das Haupt beschwert
Und wo Gefahr und Last und Sünden
Im Purpur Plaz und Nahrung finden.

Der geile Saft von Sodoms Früchten
Ergözt uns durch ein süßes Gift,
Bis Zeit und Lust den Leib zernichten
Und Rach und Glut die Seelen trift,
Die mancher schönen Lais Küßen
Zulezt umsonst verfluchen müßen.

Der Mammon macht in aller Ohren
Den schön- und angenehmsten Klang.
Zehlt immerhin, ihr kargen Thoren,
Die Finger blau, das Silber blanck;
Dies niederträchtige Vergnügen
Soll mich nicht um die Ruh betriegen.

Ein Herz, das mit mir lacht und weinet,
Nachdem sich mein Verhängnüß kehrt,
Das, was es sagt, auch denckt und meinet,
Des Nechsten Heil wie seins begehrt,
Mich freundlich straft und unterrichtet
Und allen Zanck mit Sanftmuth schlichtet,

Ein solches Herz ist meinem Herzen
Ein Reichthum, den kein Dieb berührt,
Ein Stab und Trost in Fall und Schmerzen,
Ein Ancker, den kein Sturm entführt,
Ein Arzt, der Schlag und Wunden heilet
Und allzeit sichern Rath ertheilet.

Im Glück ist dies mein gröstes Glücke,
Daß so ein Freund es mitgenießt,
Und giebt der Himmel saure Blicke,
So wird die Bitterkeit versüßt,
Wenn Jonathan und David ringen,
Einander ehrlich beyzuspringen.

Da trennt kein Eigennuz die Seelen,
Die in zwey Cörpern eines sind,
Da darf man nichts aus Furcht verheelen,
Da kommt die List der Misgunst blind,
Da müßen Argwohn, Neid und Haßen
Den Bund wohl unzerrißen laßen.

Wir sezen uns vertraut zusammen,
Betrachten Gott, uns und die Welt.
Bald fluchen wir den Kriegesflammen,
Wodurch manch schönes Reich zerfällt,
Bald wüntschen wir des Friedens wegen
Dem großen Carlen Sieg und Seegen.

Wir richten andre sonder Spotten
Und gehn uns selber nicht vorbey.
Wie mancher Misbrauch auszurotten
Und wie gedrückt die Armuth sey,
Das pflegen wir mit treuem Klagen
Einander christlich vorzusagen.

Die Unschuld scherzt mit uns zur Seite,
Die Weißheit giebt uns Licht und Ruh,
Und droht uns auch der Tod noch heute,
So sezt uns sonst kein Kummer zu
Als dieser, daß wir fürchten müßen,
Uns nicht in einen Sarg zu schließen.

Nun mag das Unglück Pfeile schärfen,
Dir, Himmel, hab ich nun nicht mehr
Mein Creuz und Elend vorzuwerfen:
Ich seh, du liebst mich noch zu sehr
Und läst mich die versagten Gaben
Durch meinen Freund auf einmahl haben.

(Johann Christian Günther, 1695-1723)

Freundschaft

Freundschaft, Himmelstochter,
Komm und höre mich!
Im geweihten Liede
Göttin, sing ich dich.
Lass von Sympathieen
Meine Seele glühen,
Dass von deinem Licht erhellt,
Dir das Lied gefällt.

In der Wüste trauernd
Hat ein Menschenfreund
Einstens vor dem Himmel
Seinen Gram geweint:
"Schöpfer meines Herzens,
Kenner meines Schmerzens,
Sprich, was soll dies Zittern hier,
Dieser Drang in mir?

Löw' und Wolf und Tiger,
Wild und zahmes Vieh
Haben für mich Armen
Keine Sympathie.
Felsen, Berge, Meere
Füllen nicht die Leere,
Hellen nicht die Dunkelheit,
Die mein Herz entweiht."

Gott der Menschenvater
Hört den Klager an;
Und, mit Himmelsklarheit
Lieblich angetan,
Kam zum Menschenfreunde,
Der in Wüsten weinte,
Freundschaft. - Groß und gut und mild
War der Göttin Bild.

Ihre Lippe hauchte
Sanft ins Menschenherz
Mitgefühl für Freude,
Mitgefühl für Schmerz;
Seelen wurden Flammen,
Schlangen sich zusammen,
Und zum Herzenbilder drang
Nun ein Zweigesang.

Freundschaft macht die Menschen
Gottes Engeln gleich,
Macht sie froh im Kummer,
In der Armut reich;
Und an ihrem Stabe
Wandeln wir zum Grabe,
Sprechen zu dem Freunde: dort
Daurt die Freundschaft fort.

Freunde, stark und dauernd
Wie die Ewigkeit
Ist die Brudertreue,
Die ich Euch geweiht.
Macht nicht Mädchenliebe
Oft das Leben trübe?
Nur die Freundschaft hat allein
Ewig Sonnenschein.

(Christian Friedrich Daniel Schubart, 1739-1791)

Freundschaft und Liebe als verwandte Phänomene reizen zum Vergleich. Wenn bei Schubart wie auch anderen Autoren dieser Auswahl einseitig Männerfreundschaften angesprochen werden, ist dies wohl mit den patriarchalen Konventionen ihrer Epoche zu entschuldigen. Logaus Vierzeiler könnte man dabei an Freunde und Geliebte eigentlich jeden Geschlechts gleichermaßen richten, für Geibel sind Liebe und Freundschaft gar "Schwesterengel". Einen scharfen Gegensatz entwickelt hingegen Gleim zu Ungunsten der Liebe.

An einen Freund

Weil du mich, Freund, beschenkst mit dir,
So dank ich billig dir mit mir.
Nimm hin deswegen mich für dich;
Ich sei dir du; sei du mir ich.

(Friedrich von Logau, 1605-1655)

Die beiden Engel

O kennst du, Herz, die beiden Schwesterengel,
Herabgestiegen aus dem Himmelreich:
Stillsegnend Freundschaft mit dem Lilienstengel,
Entzündend Liebe mit dem Rosenzweig?

Schwarzlockig ist die Liebe, feurig glühend,
Schön wie der Lenz, der hastig sprossen will;
Die Freundschaft blond, in sanftern Farben blühend,
Und wie die Sommernacht so mild und still;

Die Lieb' ein brausend Meer, wo im Gewimmel
Vieltausendfältig Wog' an Woge schlägt;
Freundschaft ein tiefer Bergsee, der den Himmel
Klar widerspiegelnd in den Fluten trägt.

Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,
Die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht;
Die Liebe will erwerben und besitzen,
Die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.

Doch dreimal selig, dreimal hoch zu preisen
Das Herz, wo beide freundlich eingekehrt,
Und wo die Glut der Rose nicht dem leisen,
Geheimnisvollen Blühn der Lilie wehrt!

(Emanuel Geibel, 1815-1884)

Liebe und Freundschaft

Liebe, weg! Du zankst dich nur,
Bist nur immer eifersüchtig!
Siehst nur immer nach der Uhr,
Bist, wie ihre Stunden, flüchtig!

Freundschaft, bleib'! Du zankst dich nicht,
Bist nicht immer eifersüchtig!
Siehst ins helle Sonnenlicht,
Bist nicht unstet, bist nicht flüchtig!

Komm' und sitz' auf meinem Schoß,
Herrsch' in meinem kleinen Staate! -
Wie werd' ich die Liebe los?
Rate, liebe Freundschaft, rate!

(Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 1719-1803)

Ein anrührendes Gedicht von Richard Dehmel beweist, dass Freundschaft und Liebe dennoch untrennbar und nicht einmal auf Menschen beschränkt sind. Zum Ausklang lässt dann Bodenstedt einen orientalischen Weisen den durch nichts aufzuwiegenden Wert von Freundschaften auf den wohlformulierten Punkt bringen.

Nur ein Hund

Ja, Dir wird's schwer, mich zu verlassen!
dein Auge bricht, als ob du weinst,
und warst doch bloß ein Kind der Gassen!
Ja, damals ahnt' ich nicht, dass einst
als letzter Freund ein Hund mir bliebe:
da sucht' ich noch bei Menschen Liebe.

Mein Hund, in deine treuen Augen
hab' manche Frage ich versenkt,
für die nicht Menschenblicke taugen,
wo man ein Tier braucht, das nicht denkt,
die Ohnmacht auch in ihm zu sehen,
mit der wir selbst durchs Leben gehen.

Du hast mir nie ein Leid bereitet:
Das kann kein Mensch, der liebste nicht!
Nun liegt dein Leib vom Tod gebreitet,
verlöscht dein tröstend Augenlicht ...
Was will mir denn wie Glück noch scheinen?
mein Hund, mein Freund: ich kann noch weinen!

(Richard Dehmel, 1863-1920)

Freundschaft

Mirza-Schaffy kam einst auf einer Reise
Zu einem reichen Mann. Da sprach der Weise:
Ich will dein Gast für heut und morgen bleiben,
Hilf mir die Zeit nun angenehm vertreiben;
Bereit' ein Fest, lad' gute Freunde ein,
Wir wollen froh und guter Dinge sein!
- Ich habe keine Freunde! - sprach der Mann.
Mirza-Schaffy sah ihn verwundert an:
So darf ich nicht dein Dach zum Obdach wählen,
Dem selbst beim Reichtum gute Freunde fehlen!
Er schüttelte den Staub von seinen Füßen,
Verließ den Reichen, ohne ihn zu grüßen,
Sprach: Wem der Himmel keinen Freund beschert,
Weh ihm! der Mann ist keines Grußes wert.

(Friedrich von Bodenstedt, 1819-1892)

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Gedichte für alle Fälle hat eine Rubrik mit über einhundert Freundschaftsgedichten, vor allem von Klassikern. Zwar kann jeder seine Beiträge einschicken, doch was hier die Redaktion selektiert, übernimmt bei der den Zeitgenossen vorbehaltenen Seite Freundschaftsgedichte eine gern genutzte Bewertungsfunktion. - Eine kleinere Sammlung verschiedener Autoren in individueller Aufmachung bietet Freundschaft.

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