Wenn Sie mich fragen: Gleichzeitig so lustig und lieb ist mir kein Gedicht wie die folgende Gotthold Ephraim Lessing-Preziose; wo und wann hätte man je Inhalt und Form inniger vereint gefunden! Und da Lachen bekanntlich munter hält, finde ich vor dem "gut ruhn" bestimmt noch ein paar Lacher für Sie!
Faulheit jetzo will ich dir
Auch ein kleines Loblied bringen.-
O -- wie -- sau -- er -- wird es mir, --
Dich -- nach Würden -- zu besingen!
Doch, ich will mein Bestes tun,
Nach der Arbeit ist gut ruhn.
Höchstes Gut, wer Dich nur hat,
Dessen ungestörtes Leben --
Ach! -- ich -- gähn -- ich -- werde matt --
Nun -- so -- magst du -- mir`s vergeben,
Dass ich Dich nicht singen kann;
Du verhinderst mich ja dran.
(Gotthold Ephraim Lessing, 1729-1781)
Der Faulheit hier schon wohlig zu unterliegen sei also vermieden; das könnte sich nämlich zu einem australischen Holzflug ala Joachim Ringelnatz auswachsen, zumal das Publikum im Internet bei Weitem nicht so geduldig ist!
War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang.
(Joachim Ringelnatz, 1883-1934)
Bevor dieser Gag nicht (mehr) ankommt oder mir einen Hinterkopfstüber angedeihen lässt, ducken wir uns lieber zu einer Spielwiese, auf der es immer viel Gekicher und -lächter gibt. Schicken wir nacheinander Friedrich von Hagedorn, nochmals Ringelnatz und Eduard Mörike auf das Feld zwischengeschlechtlicher Eh(r)e:
Susannens Keuschheit wird von allen hoch gepriesen:
Das junge Weib, das jeder artig fand,
tat beiden Greisen Widerstand
und hat sich keinem hold erwiesen.
Ich lobe, was wir von ihr lesen:
doch räumen alle Kenner ein;
das Wunder würde größer sein,
wenn beide Buhler jung gewesen.
(Friedrich von Hagedorn, 1708-1754)
Ein männlicher Briefmark erlebte
Was Schönes, bevor er klebte.
Er war von einer Prinzessin beleckt.
Da war die Liebe in ihm erweckt.
Er wollte sie wiederküssen,
Da hat er verreisen müssen.
So liebte er sie vergebens.
Das ist die Tragik des Lebens!
(Joachim Ringelnatz, 1883-1934)
Freut er sich denn auch ein wenig, die künftige Braut zu begrüßen?
Aber wo bleibt er so lang? Sagt ihm, die Kutsche sei da! -
Droben im Bett noch liegt er, verdrießlich, und lieset in Schellers
Lexikon! Als ich ihn schalt, rief er halb grimmig: "Nun ja,
Gebt mir andere Strümpf! die haben Löcher - ach freilich
Eine Frau muss ins Haus, die mich von Fuß auf kuriert!"
(Eduard Mörike, 1804-1875)
Wer sich auf solchen Feldern und Fahrten gründlich ausgelacht hat, spielt dann vielleicht lieber mit der Sprache als mit dem Feuer. Christian Morgenstern reimt dabei den alten Pelz der Grammatik durch den Fleischwolf, während Heinrich Seidel eine fabelhafte Eierkonkurrenz loskullern lässt.
Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!
Der Dorfschulmeister stieg hinauf
auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:
"Der Werwolf" - sprach der gute Mann,
"des Weswolfs, Genitiv sodann,
dem Wemwolf, Dativ, wie man's nennt,
den Wenwolf, - damit hat's ein End."
Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.
Indessen, bat er, füge doch
zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!
Der Dorfschulmeister aber musste
gestehn, daß er von ihr nichts wusste.
Zwar Wölfe gäb's in großer Schar,
doch "Wer" gäb's nur im Singular.
Der Wolf erhob sich tränenblind -
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.
(Christian Morgenstern, 1871-1814)
Auf einer Meierei
Da war einmal ein braves Huhn,
Das legte, wie die Hühner tun,
An jedem Tag ein Ei
Und kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob's ein Wunder sei.
Es war ein Teich dabei,
Darin ein braver Karpfen saß
und stillvergnügt sein Futter fraß,
Der hörte das Geschrei:
Wie's kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob's ein Wunder sei.
Da sprach der Karpfen: "Ei!
Alljährlich leg' ich ´ne Million
Und rühm' mich dess' mit keinem Ton;
Wenn ich um jedes Ei
So kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte -
Was gäb's für ein Geschrei.
(Heinrich Seidel, 1842-1906)
Tierisch-satirisch gehts weiter, und zunehmend grotesker tanzen die Versfüße, alldieweil Wilhelm Busch und der berühmte Chinese Li Bo im Spiegel mit Affen und Hunden allzu Menschliches gewahr werden. Dazwischen wirft Kurt Tucholsky den Blick in einen anderen Rahmen und geht dem Geheimnis des Lächelns auf den Grund.
Der Bauer sprach zu seinem Jungen:
Heut in der Stadt da wirst du gaffen.
Wir fahren hin und seh'n die Affen.
Es ist gelungen
Und um sich schief zu lachen,
Was die für Streiche machen
Und für Gesichter
Wie rechte Bösewichter.
Sie krauen sich,
Sie zausen sich,
Sie hauen sich,
Sie lausen sich,
Beschnuppern dies, beknuppern das,
Und keiner gönnt dem andern was,
Und essen tun sie mit der Hand,
Und alles tun sie mit Verstand,
Und jeder stiehlt als wie ein Rabe.
Paß auf, das siehst du heute.
O Vater, rief der Knabe,
Sind Affen denn auch Leute?
Der Vater sprach: Nun ja,
Nicht ganz, doch so beinah.
(Wilhelm Busch, 1832-1908)
Warum lächelt die Mona Lisa
Weil sie
Hitkinsons Verdauungspastillen
eingenommen hat
und so
von ihrer lästigen Verstopfung
für immer befreit ist!
Wollen Sie
auch lächeln?
Dann . . .
(Amerikanisches Inserat)
(Kurt Tucholsky, 1890-1935)
Mein Spiegel ist von Herbstnebeln blind.
Ich kann nicht mehr in den Mai zurück.
Ich flechte aus meinen weißen Haaren mir einen langen Strick.
Ich schlinge ihn um das Horn des Mondes am Himmel fest,
Dass er nicht reißt, wenn mich der Frühwind tanzen lässt.
Meine Zunge wird mir aus den Zähnen jappen.
Reißt sie heraus, gönnt einem Hunde den Happen.
(Er wird fortan nur noch nach schönen Versen schnappen.)
(Li Bo, 701-762; aus dem Chinesischen von Klabund)
Ich halte mich nun an Lessings Auslobung von ganz oben und zitiere abermals Wilhelm Busch zum letzten Schlusse, mit welch einem Vogel wir es bei all dem Zwerchfellgekugele eigentlich zu tun haben:
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
kommt er dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil das so ist
und weil mich doch der Kater frisst,
so will ich keine Zeit verlieren,
will noch ein wenig quinquillieren
und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
(Wilhelm Busch, 1832-1908)
Gedichte für alle Fälle hat allerlei Schlupfgelegenheiten beisammen, was den Herren Dichtern vergangener Jahrhunderte Heiterlyrisches gemusenküsst ward.
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