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TrennungsgedichteTrennungsgedichte

Die Trennung Liebender, ob aus äußeren oder inneren Zwängen, ist sicherlich eine der schmerzlichsten Erfahrungen überhaupt. Dass die Worte davor ohnmächtig sind, da Empfindungen äußerst widersprüchlicher Art damit einhergehen, lässt das Thema zu einer echten Herausforderung für die Lyriker werden und ist in einem berühmten, klassisch-lateinischen Zweizeiler Catulls exemplarisch komprimiert. Ihm folgt Joseph von EichendorffJoseph von Eichendorffs deutsch-romantischer Evergreen des Trennungsschmerzes.

Odi et amo. Quare id faciam, fortasse requiris:
Nescio, sed fieri sentio et excrucior.

Ich hasse und liebe. Vielleicht fragst du, warum ich das tue:
Ich weiß es nicht, aber spüre es so und ich quäle mich ab.

(Gaius Valerius Catullus, 87-54 v.u.Z.;
aus dem Lateinischen von Wersch
)

Das zerbrochene Ringlein

In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen,
Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will -
Ich möcht am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still!

(Joseph von Eichendorff, 1788-1857)

Nicht nur in Bezug auf Ringlein ist "gebrochen" eine häufige Vokabel, sondern wie bei Eduard MörikeEduard Mörike auch für die Herzen. Während das Scheiden nach einer leidenschaftlichen Begegnung bei Friedrich Hebbel kein Bruch, sondern ein ozeanischer Lauf der Dinge ist, erfährt Elizabeth Barrett-Browning gerade durch die Trennung die Unverbrüchlichkeit ihrer Liebe.

Lebewohl

Lebe wohl« - Du fühlest nicht,
Was es heißt, dies Wort der Schmerzen;
Mit getrostem Angesicht
Sagtest du's und leichtem Herzen.

Lebe wohl! - Ach tausendmal
Hab ich mir es vorgesprochen,
Und in nimmersatter Qual
Mir das Herz damit gebrochen!

(Eduard Mörike, 1804-1875)

Sie sehn sich nicht wieder

Von dunkelnden Wogen
Hinunter gezogen,
Zwei schimmernde Schwäne, sie schiffen daher,
Die Winde, sie schwellen
Allmählich die Wellen,
Die Nebel, sie senken sich finster und schwer.

Die Schwäne, sie meiden
Einander und leiden,
Nun tun sie es nicht mehr, sie können die Glut
Nicht länger verschließen,
Sie wollen genießen,
Verhüllt von den Nebeln, gewiegt von der Flut.

Sie schmeicheln, sie kosen,
Sie trotzen dem Tosen
Der Wellen, die Zweie in eines verschränkt.
Wie die sich auch bäumen,
Sie glühen und träumen,
In Liebe und Wonne zum Sterben versenkt.

Nach innigem Gatten
Ein süßes Ermatten,
Da trennt sie die Woge, bevor sies gedacht.
Lasst ruhn das Gefieder!
Ihr seht euch nicht wieder,
Der Tag ist vorüber, es dämmert die Nacht.

(Friedrich Hebbel, 1813-1863)

Geh fort von mir. So werd ich fürderhin
in deinem Schatten stehn. Und niemals mehr
die Schwelle alles dessen, was ich bin,
allein betreten. Niemals wie vorher

verfügen meine Seele. Und die Hand
nicht so wie früher in Gelassenheit
aufheben in das Licht der Sonne, seit
die deine drinnen fehlt. Mag Land um Land

anwachsen zwischen uns, so muss doch dein
Herz in dem meinen bleiben, doppelt schlagend.
Und was ich tu und träume, schließt dich ein:

so sind die Trauben überall im Wein.
Und ruf ich Gott zu mir: Er kommt zu Zwein
und sieht mein Auge Zweier Tränen tragend.

(Elizabeth Barrett Browning, 1806-1861;
aus dem Englischen von Rainer Maria Rilke
)

Ob es die Zeit ist, die alle Wunden schließlich zumindest erträglich werden lässt? Poetische Worte können jedenfalls zum Heilen beitragen, indem sie den Schmerz bannen und Einsichten formulieren. Emanuel Geibel und Dranmor zeigen, wie wichtig dies zumindest als ein Schritt für das innere Lösen von der verflossenen Liebe sein kann:

Unruhe

An Wunden, schweren,
Langsam verbluten,
In heimlichen Gluten
Still sich verzehren,
Täglich voll Reue
Den Wahnsinn verschwören.
Täglich aufs neue
Sich wieder betören,
Ewig zum Meiden
Die Schritte wenden
Und doch nicht scheiden -
O Lieb', o Leiden,
Wann wirst du enden!

(Emanuel Geibel, 1815-1884)

Wiedersehn, dich wiedersehn?
So bin ich versucht zu fragen,
Wenn an schwülen Nachmittagen
Böse Geister auferstehn;

Wenn Erinnerung mich stört,
Die von dir nicht abzulenken,
Zauberin! wenn all mein Denken,
All mein Wünschen dir gehört;

Bis des jungen Tages Kuss
Mich vergessen lässt die deinen,
Dass ich, statt um dich zu weinen,
Unsre Trennung segnen muss.

Ist das Schlimmste jetzt vorbei,
Ach, nur wenig atm' ich freier!
Mit dem Gürtel, mit dem Schleier
Reißt nicht jeder Wahn entzwei.

Weiß nicht, wie dies alles kam,
Dass du so mich überwunden;
Doch es waren gute Stunden
Und ich bin dir nimmer gram.

Denn mich reut nicht, was geschehn;
Aber soll mir's je gelingen,
Ganz von dir mich loszuringen,
Darf ich nie dich wiedersehn.

(Dranmor, 1823-1888)

Mit dem Finden einer Inneren Distanz scheint der Trennungsschmerz gebannt. So kann Heinrich HeineHeinrich Heine bereits mit süß-bitterer Ironie auf eine Beziehung zurückblicken (ähnlich in Sag, wo ist dein schönes Liebchen...), während Ada Christen den Trennungsschritt gar als Erlösung empfindet. Zum Abschluss bringt Adalbert Stifter in schlichte Verse, was wohl der Idealzustand zwischen Wehmut und Erfülltheit nach einer Trennung sein dürfte.

Wir haben viel füreinander gefühlt,
Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen.
Wir haben oft "Mann und Frau" gespielt,
Und dennoch uns nicht gerauft und geschlagen.
Wir haben zusammen gejauchzt und gescherzt,
Und zärtlich uns geküsst und geherzt.
Wir haben am Ende, aus kindischer Lust,
"Verstecken" gespielt in Wäldern und Gründen,
Und haben uns so zu verstecken gewusst,
Dass wir uns nimmermehr wiederfinden.

(Heinrich Heine, 1797-1856)

Nach Jahren

Wie seltsam! Unser feiger Mut
Lässt alles Elend uns tragen;
O hätten wir doch den echten Mut,
Das lösende Wort zu sagen.

Wir laufen neben einander her
Und werden müder und müder;
Ich werde blässer und kränker stets
Und du wirst kälter und rüder.

O raffe dich auf und fasse Mut
Und sei zum letzten Mal ein Mann.
Brich du mit einem Wort entzwei,
Was ich nicht länger tragen kann!

(Ada Christen, 1839-1901)

Abschied

Nun sind sie vorüber, jene Stunden,
Die der Himmel unsrer Liebe gab,
Schöne Kränze haben sie gebunden,
Manche Wonne floss mit ihnen ab.

Was der Augenblick geboren,
Schlang der Augenblick hinab,
Aber ewig bleibt es unverloren,
Was das Herz dem Herzen gab.

(Adalbert Stifter, 1805-1868)

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