Kopfgrafik der Gedichte-AnzeigeZur Startseite von Lyrik-Lesezeichen

Das kleine Lyrik-Lexikon H-Q

Dichter, sonstige erwähnte Personen und Fachbegriffe, die auf diesen Seiten auftauchen, in kurz-bündigen Erklärungen.
führt zu eigenen Themenseiten der betreffenden Stichworte.

H

Hafis, Muhammad Schams ad-Din - um 1320, Schiras, Persien - um 1390, Schiras; eigentlich Châdjé Shamsò' d-Din Mohammad, der Dichtername Hafis bedeutet "der den Koran auswendig weiß". Trotz frühem Tod des Vaters erhielt er eine gute Ausbildung, in seiner Biographie verschwimmen Fakten und Legenden; nachdem er sich lange mit Handwerk und als Berufsschreiber ernährt hatte, gewann er sowohl als Dichter als auch als Professor der moslemisch-theologischen Hochschule großes Ansehen, lebte fast immer, am Ende zurückgezogen in seiner Heimatstadt. - Der bedeutendste persische Lyriker, auch als Sufi-Mystiker wichtig, dessen Dichtung immer die Schwebe zwischen dem Irdischen in großer thematischer Vielfalt und (als 'Zunge der unsichtbaren Welt') der jenseitigen, nie religiös-dogmatische gefassten Sphäre wahrt. Er gilt als der größte Meister der Ghasel-Form. Seine Gedichte wurden bald nach seinem Tod in einem "Diwan" (persisch=Werkausgabe) gesammelt.

Gedichteauswahl:
Reiseziel (Gedichte vom Leben); Über Sein und Nichtsein... (Trauergedichte).

Hagedorn, Friedrich von - 23.4.1708, Hamburg - 28.10.1754, Hamburg. Sohn eines dänischen Staatsrats; Jurastudium, Anstellungen als Sekretär bei Gesandten und einer Kaufmannsgesellschaft ermöglichten ihm ein sorgenfreies Leben. - Lyriker und Fabeldichter mit geistigem Weitblick, pflegte kleine Formen von Idyllik bis zu satirischen Epigrammen. Seine Sprache erreicht im Bruch zum schwülstigen Stil des Spätbarock spielerische Leichtigkeit und natürliche Anmut, was er ebenso zur Unterhaltung wie Belehrung nutzt. Von weitreichender Wirkung als Vorläufer der Anakreontik im 18. Jahrhundert.

Gedichteauswahl:
Der Mai (Frühlingsgedichte); Die Alte (Zeit-Gedichte); Susanna im Bade (Lustige Gedichte) Unvermutete Antwort (Epigramme).

HaikuHaiku - Eine traditionelles japanisches Kurzgedicht, das ca. 1650 vor allem von Matsuo Basho durch Verkürzung älterer Gedichtformen begründet wurde; den Name prägte erst Masaoka Shiki Ende des 19.Jahrhunderts. Es besitzt keinen Titel oder Reim, besteht aus drei Wortgruppen zu fünf, sieben und fünf Lautsilben, beinhaltet eine Momentaufnahme aus der Natur, die Andeutung der Jahreszeit gibt eine Grundstimmung vor. - Ausführlich zum Wesen des Haiku informiert die Themenseite.

Harsdörffer, Georg Philipp - 1.11.1607, Nürnberg - 22.9.1658, Nürnberg. Studierte Jura, Philosophie, Geschichte und neuere Sprachen, danach europäische Bildungsreise, ab 1631 am Stadtgericht, im Hohen Rat und für Erforschung und Pflege deutscher Sprache und Sitte tätig. - Wichtiger Dichter, Mäzen, Organisator und Theoretiker für die Literatur des Barock. Als Lyriker Meister der Klangmalerei und der Bilderlyrik; daneben verfasste er "Gesprächsspiele", Schäferidyllen sowie Übersetzungen aus den romanischen Sprachen.

Gedichteauswahl:
Das Leben des Menschen (Zeit-Gedichte); Lob des Winters (Windergedichte).

Hashin - 1864-?. Japanischer Haikudichter.

Gedichteauswahl:
Kein Himmel, keine Erde... (Haiku).

Haug, Friedrich - 9.3.1761, Niederstotzingen bei Ulm - 30.1.1829, Stuttgart. Sohn eines Theologieprofessors und Hofdichters, Schul- und Studienfreund Schillers, nach Jura- Philologie- und Philosophiestudium Karriere bis in hohe Ämter am württembergischen Hof. - Schrieb in allen literarischen Kleinformen wie Epigramm, Lied, Anekdote, Rätsel und Glosse, trotz formaler Gewandtheit und hintersinnigem Humor blieb ihm der Nachruhm versagt.

Gedichteauswahl:
Cäsar (Epigramme).

Hebbel, Friedrich - 18.3.1813, Wesselburen/Dithmarschen - 13.12.1863, Wien. Sohn eines Maurers, konnte nur durch Gönner und Freundinnen ab 1836 Jura, Geschichte, Literatur und Philosophie studieren und eine Existenz als Theaterschriftsteller beginnen. - Gedanklich-spekulativer Dichter zwischen Idealismus und realistisch-psychologischem Determinismus, gilt als größter deutscher Tragiker des 19. Jahrhunderts. Verfasste als eigenwilliger Denker auch grüblerische Gedankenlyrik, scharfsinnige Epigramme und selbstkritische Tagebücher.

Gedichteauswahl:
Des Leben Höchstes (Muttertagsgedichte); Ich und Du (Valentinstag-Gedichte); Nachtgefühl (Trauergedichte); Schwalbe und Fliege (Gedichte vom Leben); Sie sehn sich nicht wieder (Trennungsgedichte); Sommerbild (Sommergedichte).

Hebel, Johann Peter - 10.5.1760, Basel - 22.9.1826, Schwetzingen. Sohn eines Bedienstetenpaars, Studium der evangelischen Theologie, danach Karriere als Geistlicher und Gymnasiallehrer, Prälat und Landtagsmitglied. - Bahnbrechender alemannischer Mundart- und Volksdichter außerhalb der literarischen Strömungen seiner Zeit, dessen schlichte Frömmigkeit und Einfalt ihn international berühmt und zum Anreger der Mundartdichtung überhaupt machte. Neben seinen Versen über Landschaft und Volksleben sind seine humoristischen, gemüthaften Kalendergeschichten und Anekdoten mustergültig geworden.

Gedichteauswahl:
Neujahrslied (Neujahrsgedichte).

Heinrich HeineHeine, Heinrich - 13.12.1797, Düsseldorf - 17.2.1856, Paris. Sohn eines jüdischen Schnittwarenhändlers, nach kaufmännischer Lehre und Scheitern mit einem eigenen Manufakturwarengeschäft Jura-, Philosophie- und Literaturstudium, 1825 Übertritt zum Protestantismus und Dr. jur. Reisen durch Deutschland, England und Italien, schriftstellerische Tätigkeiten und Zensurprobleme, 1827 wird das "Buch der Lieder" ein Riesenerfolg; ab 1831 in Paris, Journalist und kultureller Mittler, ab 1835 Verbot seiner Schriften in Deutschland. Heine litt an einer syphilitischen Rückenmarksschwindsucht mit fortschreitender Lähmung, war jedoch bis zuletzt produktiv. - Bedeutendster deutscher Lyriker zwischen Romantik und Realismus, der emotionale Ergriffenheit, Weltschmerz und Subjektivismus mit geistreichem Spiel und desillusionierendem Spott unter der Dominanz des Eros verbindet. Bei klangvoll-melodiöser Sprachgestaltung reicht seine Palette von Stimmungs- und Liebeslyrik über (vielfach vertonte) Volkslieder, Balladen und Sonette bis zu freirhythmischen und politischen Gedichten sowie satirischer Versepik. In seinen essyistischen Prosawerken und Reisebeschreibungen besticht scharfe Beobachtung mit spöttelndem Witz. Heine ist neben Lyriker von Weltruf der Schöpfer des modernen Feuilletons und für Deutschland der erste maßgebende Journalist.

Gedichteauswahl:
Adam der Erste; An einen politischen Dichter (Politische Gedichte) ; An meine Mutter I&II (Muttertagsgedichte); Die Grenadiere; Die schlesischen Weber (Balladen); Ein Fichtenbaum steht einsam... (Windergedichte); Es hatte mein Haupt die schwarze Frau...; Die Heil'gen Drei Könige... (Weihnachtsgedichte); Diese schönen Gliedermassen... (Erotische Gedichte); Ich halte ihr die Augen zu...; Ich weiß nicht, was soll es bedeuten...; Im wunderschönen Monat Mai... (Liebesgedichte); In Gemäldegalerien siehst du oft...; Morgens send ich dir die Veilchen...; Das Sklavenschiff; Nachtgedanken; Sag, wo ist den schönes Liebchen...; Still ist die Nacht... (Liebeskummer-Gedichte); Wenn ich in deine Augen seh...; Wie langsam kriechet sie dahin...; Wir haben viel füreinander gefühlt... (Trennungsgedichte).
Übersetzungen:
George Gordon Lord Byron: Abschied von England vor seiner Reise nach Lissabon (Englische Gedichte).

Heinrich von Morungen - um 1150, Burg Morungen bei Sangerhausen/Thüringen - 1222, Leipzig. Lange Ministeriale des Markgrafen Dietrich IV. von Meißen; wahrscheinlich 1197 auf Kreuzug ins Heilige Land und vielleicht bis Indien gelangt. In Leipzig seit 1213, trat 1217 in ein Kloster ein. - Heinrichs Lyrik zählt zum hohen Minnesang, beinhaltet ein Vasallenvehältnis des Liebenden zu seiner Dame, die Minne als eine Magie, die zu Exaltation wie Wahssinn führen kann. Stand stark unter romanischen und provenzalischem Einfluss, wirkte seinerseits auf Walther von der Vogelweide und Ulrich von Lichtenstein. Seine Erlebnisse als Ritter ließen ihn zu einer volkstümlich-legendären Gestalt werden, so als Held des Spielmannslieds "Vom edelen Möringer".

Gedichteauswahl:
Ihr so süße und sanfte Mörderin... (Liebesgedichte).

Heinse, Wilhelm - 15.2.1746, Langewiesen bei Ilmenau/Thüringen - 22.6.1803, Aschaffenburg. Sohn eines Stadtschreibers, Studium der Ästhetik, Hauslehrer und Bildungsreisender, dann in Mainz kurfürstlicher Hofrat und Privatbibliothekar. - Erzähler und Kunstschriftsteller des Sturm und Drang, Verfechter von Sinnlichkeit und Rousseauismus, der mit "Ardinghello" (1787) den ersten deutschen Künstlerroman schrieb. Vorläufer der Romantik und EInfluss auf Hölderlin. Übersetzungen von Petronius, Tasso und Ariost.

Übersetzungen:
Gaius Petronius: Welch eine Nacht... (Liebesgedichte).

Heiseler, Henry von - 23.12.1875, St. Petersburg - 25.11.1928, Vorderleiten bei Brannenburg/Inn. Von deutsch.-russischer Herkunft, fand ab 1898 in München Anschlss an den Kreis um George, bewohnte seit 1908 ein Bauernhaus, 1914 in St. Petersburg zum russischen Heer, später in die Rote Armee bis 1922 eingezogen. - Neuklassischer, formstrenger Lyriker, Novellist und Dramatiker, dessen anfämngliche Gebundenheit an George sich abmilderte. Sein Zentralmotiv Tod umkreiste er meist mit russischen Stoffen, gewann mit kongenialen Überersetzungen der wichtigsten russischen Autoren große Anerkennung.

Übersetzungen:
Alexander Puschkin: Die Wolke (Gedichte der Romantik).

Henckell, Karl - 17.4.1864, Hannover - 30.7.1929, Lindau. Studium der Philosophie, Philologie und Nationalökonomie; lebte in Mailand, Wien, Brüssel, Zürich, Berlin, München, zuletzt Muri bei Bern. - Pathetisch verkünderischer und rhetorisch anklagender lyrischer Vorkämpfer für Sozialrevolution und Naturalismus. Kehrte sich schließlich dem Impressionismus mit schlichteren Natur- und Liebesgedichten zu.

Gedichteauswahl:
Mein Neujahrswunsch (Neujahrsgedichte).

Herder, Johann Gottfried - 25.8.1744, Mohrungen/Ostpreußen - 18.12.1803, Weimar. Sohn eines Kantors und Volksschullehrers, entbehrungsreiche Jugend, Studium der Medizin, evangelischen Theologie und Philosophie, dann Lehrer, Prediger und rasch berühmt mit kritischen Schriften. 1769 Verzicht auf die Ämter, Tätigkeiten als prinzlicher Reisebegleiter, Prediger und Superintendet, seit 1776 auf Veranlassung Goethes, dessen frühes Werk Herder maßgeblich beeinflusste, Hofprediger und Generalsuperintendent in Weimar bis zu seinem Tod. - Einer der vielfältigsten Anreger und Vorbereiter der Literaturgeschichte, besonders als Kritiker und Ästhetiker, Sammler volkstümlicher Dichtung, aber auch Geschichtsphilosoph und Theologe, wurde zum Impulsgeber der radikal innovativen Bewegung des Sturm und Drang. Herders eigene Dramatik und Lyrik vermag indes weniger zu überzeugen.

Gedichteauswahl:
Der Augenblick (Zeit-Gedichte); Ein Traum, ein Traum ist unser Leben... (Gedichte vom Leben); Zwo Gattungen des Epigramms (Epigramme).

Herloßsohn, Karl - 1.9.1804, Prag - 10.12.1849, Leipzig. Sohn eines armen Schneiders, Studium der Jura, Medizin und Philosophie (mit Promotion), danach Hauslehrer, Übersetzer und Redakteur. - Als parodistischer und historisierender Erzähler geringen literarischen Anspruchs zu seiner Zeit populär. Seine meist liedhafte Lyrik gewann teilweise Volkstümlichkeit.

Gedichteauswahl:
An die Geliebte (Valentinstag-Gedichte).

Herwegh, Georg - 31.5.1817, Stuttgart - 7.4.1875. Lichtenthal bei Baden-Baden. Sohn eines Gastwirts, Theologiestudium, danach freier Schriftsteller, Flucht aus Militärdienst in die Schweiz, ab 1841 durch die Veröffentlichung der "Lieder eines Lebendigen" berühmt, von Paris aus Wegbereiter und Aktivist der gescheiterten Revolution von 1848; danach Exil in der Schweiz, 1866 amnestiert wohnte er in Lichtenthal. - Ein seinerzeit wirkungsreicher politischer Lyriker voll rhythmisch-passionierter Begeisterungsfähigkeit, polemisch-sarkastisch, mit formal und rhetorisch innovativen Ansätzen, die sich in seinem ersten Werk jedoch erschöpften. Seltener schrieb er auch melancholisch-innerliche Gedichte, übersetzte außerdem aus dem Englischen und Französischen.

Gedichteauswahl:
Herüber zog eine schwarze Nacht (Religiöse Gedichte).

Hexameter - der, von dem griechischen Wort für Sechsermaß. Das Metrum, in dem seit Homer (um 800 v.u.Z.) die antiken griechischen Epen verfasst sind. Es besteht aus sechs Daktylen (= eine Langsilbe beziehungsweise ein Akzent, dem 2 Kurzsilben beziehungsweise unbetonte Silben folgen), deren letzter nur eine kurze bzw. unbetonte Silbe enthalten darf. In die deutsche Literatur wurde der Hexameter seit dem 18. Jahrhundert für unterschiedliche Formen und Gattungen übernommen.

Hey, Wilhelm - 26.3.1789, Leina bei Gotha - 19.5.1854, Ichtershausen.
Pfarrerssohn, studierte Theologie, dannach Hauslehrer, Pfarrer, Hofprediger und Schulaufseher. - Der Kinderbuchautor hatte einen Welterfolg mit seinen Fabeln für Kinder, die auch Bearnbeoitungen und Übersetzubngen enthalten; seine Kinderlieder werden teils bis heute gesungen (Weißt du, wieviel Sterne stehen...).

Gedichteauswahl:
Alle Jahre wieder... (Weihnachtslieder); Kind und Buch (Kindergedichte).

Heym, Georg - 30.10.1887, Hirschberg/Schlesien - 16.1.1912, Berlin. Sohn eines Militäranwalts aus begüterter Familie, Jurastudium, Ende 1911 Promotion; ertrank beim Eislaufen. - Einer der bedeutendsten Lyriker des Frühexpressionismus, sprachgewaltig und formstreng, der Reim und Metrum zur Versinnbildlichung der bleiernen Monotonie des Daseins einsetzt. Beschwört mit spukhaften, grellen Tönen die Dämonie der Großstadt, Einsamkeit und Sinnentleerung, visionär die Katastrophe des 1. Weltkriegs. Er schrieb auch Novellen und Dramen.

Gedichteauswahl:
An meine kleine Freundin (Valentinstag-Gedichte); Der Gott der Stadt (Religiöse Gedichte); Die Mühlen (Herbstgedichte); Mitte des Winters (Silvestergedichte); Nach der Schlacht (Kriegsgedichte).

Heyse, Paul - 15.3.1830, Berlin - 2.4.1914, München. Sohn eines Sprachforschers, Studium der Klassischen Philologie, Romanistik und Kunstgeschichte, 1852 Dr. phil.; Forscher- und Reisetätigkeit, Privatgelehrter, Umgang mit wichtigen Literaten; erhielt 1910 als erster Deutscher den Literaturnobelpreis. - Fruchtbarer, sehr form- und sprachbegabter Epigone der klassizistisch-romantischen Tradition, Hang zu Glätte, Idealisierung und Schönheitskult. Am Bedeutendsten noch als Novellist fand er in der Lyrik keinen eigenen Ton; schrieb ferner lyrische Versepen und Lesedramen, heute wie seine erfolgreichen nationalpatriotischen Stücke vergessen; auch Übersetzer aus dem Italienischen.

Gedichteauswahl:
Abschied (Windergedichte); Mutterliebe (Muttertagsgedichte); Wie soll man in der Welt... (Gedichte vom Leben).
Übersetzungen:
George Gordon Lord Byron: Als sich mit Schmerzen (Liebeskummer-Gedichte); Giacomo Leopardi: An mich selbst (Melancholische Gedichte).

Hille, Peter - 11.9.1854, Erwitzen bei Driburg/Westfalen - 7.5.1904, Großlichterfelde bei Berlin. Lehrerssohn, der sich selbst "Meerwunder der Erfolglosigkeit" nannte, was Schule, Studium, Publikationen und bürgerliche Existenz umfasst. Als "Literaturzigeuner" durchwanderte er Mitteleuropa, konnte sich trotz berühmter Freunde wie Lasker-Schüler, Bierbaum und Liliencron nicht etablieren und starb nach entbehrungsreichem Leben und einem Sturz. - Dem nur in Bruchstücken überlieferten impressionistischen Dichter, der Unmittelbarkeit des Ausrucks anstrebte, gelangen kurze Natur- und Stimmungsgedichte sowie geistreiche Aphorismen. Er verband mit Sprachschöpfertum mystische Naturanbetung mit sozialistischen Utopien; als Fragmentist scheiterte er jedoch an den größeren Formen der Epk und Dramatik.

Gedichteauswahl:
Kind (Kindergedichte).

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich - 2.4.1798, Fallersleben bei Lüneburg - 19.1.1874 Corvey/Weser. Kaufmannssohn, Studium der Theologie, Philologie und Archäologie, eifrige Reise-, Forscher- und Sammlertätigkeit, ab 1835 Professor für deutsche Sprache und Literatur, zwischenzeitlich wegen seiner "'Unpolitischen Lieder" (1842) beurlaubt, ab 1860 Bibliothekar auf Schloss Corvey. - Außerordentlich fruchtbarer Lyriker, freiheitlich-patriotisch, viele seiner Trink-, Liebes- u. Kinderlieder sind volkstümlich geworden; außerdem politisch-satirische Gedichten und Text zur heutigen deutschen Nationalhymne. Auch als Germanist und Literarhistoriker bedeutsam.

Gedichteauswahl:
Ein Lied aus meiner Zeit (Politische Gedichte); Ein Männlein steht im Walde... (Kinderlieder); Frühlings Ankunft (Kinderlieder); Kinderseele (Kindergedichte); Morgen kommt der Weihnachtsmann... (Nikolausgedichte); O glücklich, wer ein Herz gefunden... (Hochzeitsgedichte); Winters Flucht (Windergedichte); Wo liebend sich zwei Herzen einen ... (Windergedichte); Zur Fastnachtszeit (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche).

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von - 25.12.1616, Breslau - 18.4.1679, Breslau. Sohn eines kaiserlichen Kammerrats, Jurastudium, ausgedehnte Bildungsreisen; seit 1642 politische Karriere in Breslau, kaiserlicher Rat und Präsident des Ratskollegiums. - Der Lyriker und Epigrammatiker des Barock war ein intellektgeprägter Formvirtuose, pflegte einen schwelgenden, elegant-überfeinerten Stil, der dem deutschen Manierismus den Weg bereitete. Er schrieb weltliche und geistliche Lieder und Oden, galante (d.h. frivole) Gedichte sowie Heldenbriefe.

Gedichteauswahl:
Die Welt (Abschiedsgedichte).

Hofmannsthal, Hugo von - 1.2.1874, Wien - 15.7.1929, Rodaun bei Wien. Sohn eines Juristen und Bankdirektors jüdisch-böhmischer Herkunft und einer sudetendeutschen Mutter, das früh dichtende Wunderkind studierte Jura und Romanistik, 1898 Dr. phil., ab 1901 freier Schriftsteller. Im 1. Weltkrieg Reserveoffizier, Reisen in politischer Mission; bis zu seinem Tod arbeitete er intensiv mit dem Opernkomponisten Richard Strauss zusammen. - Wichtiger österreichischer Lyriker, Dramatiker, Erzähler und Essayist, Repräsentant für aus abendländischer Überlieferung schöpfende, höchst verfeinerte Wortkunst, Schwermut und Zivilisationsmüdigkeit. In seiner Dramatik verwandelte er sich antike Tragödie, mittelalterliche Mysterienspiele ("Jedermann" 1911), Barocktheater und Altwiener Lustspiel an. Für Strauss schuf er literarisch anspruchsvolle, für sich bestehende Libretti ("Elektra" 1909; Der Rosenkavalier 1911). Außerdem verfasste er in transparenter, stimmungshafter Prosa formvollendete Novellen und ein Romanfragment.

Gedichteauswahl:
Sonett der Seele (Gedichte vom Leben); Über Vergänglichkeit (Abschiedsgedichte); Was ist die Welt? (Gedichtinterpretation); Worte (Epigramme).

Hölderlin, Friedrich - 20.3.1770, Lauffen am Neckar - 7.6.1843, Tübingen. Sohn eines Klosterhofmeisters, Studium der evangelischen Theologie, Kontakte zu Hegel, Schelling, Schiller und Fichte; vergebliche Versuche, sich als freier Schirftsteller zu stablieren; Hauslehrertätigkeiten, zuletzt in der Schweiz und Bordeaux. Ab 1802 geistig zunehmend zerrüttet, in unheilbarer Umnachtung fünf Jahre danach bis zu seinem Tod in Pflege bei einem Tischlerehepaar. - Einer der herausragenden Lyriker der deutscher Sprache, von Griechentum, antiker Mythologie, den politischen Ansprüchen der französischen Revolution und deutschem Idealismus geprägt, eigenständig zwischen Klassik und Romantik. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts nahezu vergessen, wurde er als Dichter und Persönlichkeit zu einem maßgeblichen Vorbild. Er entwickelte eine mythische Symbolsprache von einzigartiger Rhythmik, verwandelte sich antike Metren und Formen an, um sie mit christlich-abendländischen Vorstellungen in Synthese zu bringen. Neben seinen Natur-, Landschafts- und Liebesgedichten, Elegien und Hymnen verwirklichte er seine Intentionen auch im Briefroman "Hyperion" und dem Tragödienfragment "Empedokles", die im Grunde ebenfalls lyrische Dichtungen darstellen. Bedeutsam sind weiterhin seine Übersetzungen des Pindar und Sophokles sowie seine philosophisch-ästhetischen Essays.

Gedichteauswahl:
Abbitte; Abendphantasie; Advocatus Diaboli (Politische Gedichte); An die Parzen (Gedichte vom Leben); An sich selbst; An Zimmern; Da ich ein Knabe war... (Religiöse Gedichte); Das Angenehme dieser Welt... (Epigramme); Das Schicksal;; Das Unverzeihliche (Valentinstag-Gedichte); Der Frühling (Frühlingsgedichte); Die Muße; Diotima; Griechenland; Götter wandelten einst...; Hälfte des Lebens (Herbstgedichte); Was kümmern sie dich...; Winter (Wintergedichte).

Hölty, Ludwig Christoph Heinrich - 21.12.1748, Mariensee bei Hannover - 1.9.1776, Hannover. Sohn eines Predigers, Studium der Theologie und neuerer Sprachen, arbeitete danach als Privatlehrer und Übersetzer und pflegte Kontakte zu den wichtigsten Autoren seiner Zeit; starb an Tuberkulose.- Er war Mitbegründer des einflussreichen Dichterbundes ›Göttinger Hain‹ und dessen bedeutendster Lyriker, begannn mit idyllischer Anakreontik und wurde und Klopstocks Einfluss ein Vorläufer des Sturm und Drang, Während seine Thematik eher begrenzt in in schwermütig-innerlicher Hinwendung zur diesseitigen Schönheit und deren Vergänglichkeit blieb, hat er mit seiner anmutigen Sprachkunst formal einen Fächer von volkstümlichen Liedern über Romanzen und Balladen bis zur klassischen Ode abgedeckt.

Gedichteauswahl:
Totengräberlied (Schwarzer Humor).

Holland, Henry Scott - 27.1.1847, Ledbury/Herefordshire - 17.3.1918. Professor für Philosophie und Religion an der Universität Oxford, veröffentlichte zahlreiche Schriften, lebenslang für soziale Gerechtigkeit engagiert, weiterhin kanonischer Priester und 1884 Domherr in St. Paul's Cathedral, London. Sein hier als Gedicht wiedergegebener Text ist eigentlich essayistisch.

Gedichteauswahl:
Der Tod ist nichts... (Trauergedichte).

Holz, Arno - 26.4.1863, Rastenburg/Ostpreußen - 26.10.1929, Berlin. Sohn eines Apothekers, Gymnasiast, dann Redakteur und freier Schriftsteller in Berlin, lebte mehr schlecht als recht und in viele literarische Fehden verstrickt. - Bahnbrechender Dichter und wichtiger Theoretiker des deutschen Naturalismus, der durch Dogmatismus und Streitsucht viel Renomee einbüßte. Als Dramatiker überdauerte er allenfalls mit Komödien, der Lyrik erschloss er durch sprechrhythmische Gruppierung der Verse um eine Mittelachse neue Ausdrucksformen. Berühmt wurde sein Zyklus "Phantasus", den er sein Leben lang umarbeitete, und seine in Wortprunk schwelgenden Imitationen barocker Lyrik in "Daphnis".

Gedichteauswahl:
Sieben Septillionen Jahre... (Gedichte zum Nachdenken).

Hugo, Victor - 26.2.1802, Besançon - 22.5.1885, Paris. Generalssohn, nach kurzem Studium am Polytechnikum nur noch Literat, der früh zu außerordentlichem Ruhm und Einbfluss gelangte. Politisch als Demokrat engagiert, weshalb er während des 2. Kaiserreichs 1855-70 ins Exil ging. - Haupt und Wortführer der franz. Hochromantik von großer dichterischer Fruchtbarkeit, den visionär-sinnliche Phantasie und Gestaltungskraft ebenso wie stete Anwaltschaft für Benachteiligte auszeichen, manchmal mit übertriebenem Pathos. Anreger für fast alle literarischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts in Frankreich, eine zahlreichen Romane (weltberühmt sind "Notre-Dame de Paris" und "Les Misérables"), Dramen und Gedichte galten als Muster. Als Lyriker zeigt er formale Meisterschaft, schrieb auch politische Gedichtzyklen ("Les Châtiments").

Gedichteauswahl:
Der Morgen (Französische Gedichte); Komm, junge Zauberin (Gedichte der Romantik).

Hymne - Eine auf das antike Griechenland zurückgehende Gedichtform, wo das Wort einen Preis- und Lobgesang (=Hymnos) auf einen Gott oder Helden bezeichnet. Die um 700 v.u.Z. entstandenen sogenannten Homerischen Hymnen auf verschiedene Gottheiten begründeten eine reiche Tradition, die auch von den Römern weitergeführt und ins Christentum übernommen wurde. Das europäische Mittelalter nannte dann jederart Lobgesang auf Gott Hymne, erst von Humanismus bis Barock löste sie sich wieder von der streng religösen Gebundenheit, ab dem 18. Jahrhundert öffnete sie sich für weitere Themen und individuelle Begeisterung. Die Hymne ist nicht durch ein spezielles Metrum gekennzeichnet; von der Ode lässt sie sich oft nicht klar abgrenzen, ihre übersteigerte Form heißt Dithyrambos.

I

Issa - 5.5.1763, Kashiwabara - 19.11.1827, Kashiwabara (Nähe Nagano); eigentlich Kobayashi Nobuyuki. Sohn eines Bauern, ab 1777 in Edo, haikai-Studien, dann unstetes Wanderleben. - Der japanische Haiku-Dichter ist von kindlicher Einfachheit, derbem Humor und buddhistischem Glauben geprägt. Seine Kurzgedichte sind traditionsgebunden, aber von sprachlicher Eigenwilligkeit und großer Plastizität. Bedeutsam ist auch seine Prosa (haibun).

Gedichteauswahl:
Das Schlachtross kommt... (Haiku); Sogar mein Schatten... (Frühlingsgedichte).

Izen - 1652-1710. Japanischer Haikudichter.

Gedichteauswahl:
Nach Mitternacht... (Haiku).

J

Jambus - der, Plural Jamben; von dem griechischen Wort für "schleudern". Neben Daktylus und Trochäus die dritte Variante der metrischen Grundeinheit, die als Versfuß oder Takt bezeichnet wird. In den antiken Sprachen mit ihrer quantitierenden Metrik meint er eine lange Silbe, der eine kurze vorausgeht, in der akzentuierenden Metrik des Deutschen eine betonte Silbe, der eine unbetonte vorausgeht; Beispiele: Verlust, geh heim.

Joso - 1661-1704. Japanischer Haikudichter; Zen-Priester und Basho-Schüler.

Gedichteauswahl:
Am Grund des Wassers... (Haiku).

K

Kalckreuth, Wolf von - 1887 - 9.10.1906, Stuttgart-Cannstatt. Sohn eines Kunstmalers, hochbegabt, doch körperlich schwach; nahm sich am Morgen seines Antritts zum Kriegsdienst das Leben. Bis heute bekannt sind seine Übersetzungen von Baudelaire und Verlaine. Ohne ihn persönlich zu kennen hat Rilke ihm 1908 das "Requiem für Wolf Graf von Kalckreuth" geschrieben.

Übersetzungen:
Charles Baudelaire: Der freudige Tote (Französische Gedichte); Charles Baudelaire: Die Riesin (Erotische Gedichte); Paul Verlaine: Es glänzt der Himmel... (Französische Gedichte); Paul Verlaine: Ostern (Ostergedichte).

Kallinos - 7. Jahrhundert v.u.Z., Ephesos. Der älteste überlieferte griechische Elegiker ist sprachlich und inhaltlich Homer verpflichtet; nur wenige Fragmente sind erhalten, darunter ein längerer Aufruf an die Jugend, in den Krieg zu ziehen.

Gedichteauswahl:
Aufforderung (Kriegsgedichte).

BalladeKästner, Erich - 23.2.1899, Dresden - 29.7.1974, München. Sohn eines Sattlermeisters, 1917 Soldat, nach dem Krieg Bankbeamter und Redakteur, später Studium der Germanistik mit Promotion. Ab 1927 freier Schriftsteller, wegen Verbot und Bücherverbrennung durch die Nazis veröffentlichte er 1933-45 im Ausland. Nach dem Krieg Redakteur, Kabarettist, Präsident des deutschen PEN-Zentrums. - Als Lyriker (besonders Gebrauchsgedichte und Epigramme) und Erzähler Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Moralistisch bediente er sich salopper Umgangssprache und Persiflagen der Alltagssprache in nüchternen, überkommenen Formen, um aggressiv-sarkastisch Heuchelei, Scheinmoral, Militarismus und Faschismus anzugreifen. Er schrieb auch bekannte Kinderbücher ("Emil und die Detektive"), Dramen und Drehbücher.

Gedichteauswahl:
Wegen urheberrechtlicher Beschränkung nur Ausschnitte.

Kaulisch, Friedrich Wilhelm - 1827-1881. Mehr als die Lebensdaten war über den Autor des berühmten, volkstümlichen Gedichtes "Wenn Du noch eine Mutter hast..." nicht in Erfahrung zu bringen.

Gedichteauswahl:
Wenn Du noch eine Mutter hast... (Muttertagsgedichte).

Keats, John - 31.10.1795, London - 23.2.1821, Rom. Sohn eines Fuhrunternehmers, der 1804 starb, 1810 folgte die Mutter; Lehre bei einem Wundarzt, Assistenzarzt in einem Londoner Hospital, daneben autodidaktische Bildung. Ab 1817 veröffentlichte er Gedichte und lernte bedeutende romantische Dichter, besonders Shelley und Byron, kennen; reiste zur Heilung seiner Tuberkulose nach Italien, wo er starb. - Einer der bedeutendsten Lyriker der englischen Romantik, dem Schönheit als Offenbarung der Wahrheit galt; er schrieb Verserzählungen, Oden, Sonette und visionäre Dichtungen in bild- und klangreicher Sprache.

Gedichteauswahl:
Grashüpfer und Heimchen (Gedichte der Romantik); La belle Dame sans Merci (Balladen).

Kempner, Friederike - 25.6.1836, Opatow/Posen - 23.2.1904 Friederikenhof bei Reichthal/Breslau. Die Tochter eines Rittergutsbesitzers und Pächters engagierte sich zeitlebens sozial, besonders gegen Armut und Missstände in Gefängnissen. Ihr viefältiges literarisches Werk umfasst Novellen, Dramen und Gedichte, die vor allem wegen ihres Scheiterns an eigenen Ansprüchen und unfreiwilliger Komik bis heute ihren Platz in parodistischen und humoristischen Anthologien behaupten.

Gedichteauswahl:
Wo liebend sich zwei Herzen... (SMS-Gedichte).

Kerner, Justinus - 18.9.1786, Ludwigsburg - 21.2.1862, Weinsberg. Oberamtmannssohn, Studium der Medizin, arbeitete in Kliniken, als praktischer und Amtsarzt sowie auch als Forscher, seit 1851 erblindend; wurde zum Mittelpunkt der schwäbischen Dichterschule. - Gefühlsbetonter spätromantische Lyriker, Balladendichter und Erzähler; seine volksliedhaften Gedichte schwanken zwischen Humor und Wehmut, teils Hang zum Mystischen und Okkulten. Erwähnenswert ist noch der satirische Roman "Reiseschatten" (1811).

Gedichteauswahl:
Der Kinder Angebinde (Muttertagsgedichte); Im Herbst (Herbstgedichte).

Klabund - 4.11.1890 Crossen/Oder - 14.8.1928, Davos; eigentlich Alfred Henschke, er erklärt das Pseudonym als »eine Kreuzung von Klabautermann und Vagabund«. Apothekerssohn, seit dem 16. Lebensjahr an Tuberkulose erkrankt, was ihn zu einem rastlosen Leben und Schaffen antrieb; Studium der Literatur und Philosophie, dann freier Schriftsteller, erregte moralische und politische Skandale und Prozesse. - Sehr stimmungs- u. formenreicher Lyriker zwischen Impressionismus und Expressionismus, schrieb Balladen, Chansons, volksliedhafte und Zeitgedichte, deckte die Bandbreite von spielerisch-humorvoll-sarkastischen Versen bis zu leidenschaftlich-pathetischer Tiefgründigkeit ab. Die Dominanz erotischer Themen erstreckt sich auch auf seine lyrischen Kurzromane (z.B. der Eulenspiegel-Roman "Bracke") und Komödien. Obwohl auf den Umweg über englische und französische Übersetzungen angewiesen, gelangen Klabund vielgelobte Nachdichtungen chinesischer, japanischer und persischer Gedichte.

Gedichteauswahl:
Ewige Ostern (Ostergedichte); Ich baumle mit de Beene (Schwarzer Humor); Lied im Herbst (Herbstgedichte); Melancholie (Melancholische Gedichte); Wir im Welteninnen (Erotische Gedichte).
Übersetzungen:
Li Bo: Blick in den Spiegel (Abschiedsgedichte, Lustige Gedichte).

Klopstock, Friedrich Gottlieb - 2.7.1724, Quedlinburg - 14.3.1803, Hamburg. Sohn eines wohlhabenden Anwalts, Theologiestudium und Entschluss zum Dichtertum, Hauslehrer, 1751 als Legationsrat in Kopenhagen, ab 1770 in Hamburg, wo er als dichterisches Vorbild ganzer Schriftstellergenerationen hochgeachtet starb. - Mit Versepik, Oden und pathetischen Gedichten in emotinal-bekenntnishaftem Ton, antiken Metren oder freien Rhythmen gewann er der deutschen Literatur bis dahin ungekannte Ausdrucksmöglichkeiten, verband Dichterum mit religiöser, nationaler und seherischer Ambition, wurde Initiator für die bis heute üblich gewordene Erlebnisdichtung, welche die normative Poesie ersetzt hat. Mit seinem Hauptwerk, dem Epos "Der Messias" führte er persönliches religiöses Erleben ein, was als Offenbarung einer neuen Gefühlskultur wirkte, und verwandte den Hexameter als epischen Vers; das fast handlungslose, monmotone Werk ist heute nicht mehr genießbar. Ebenso sind Klopstocks Lyrik und Dramen nicht lebendig geblieben, sondern aus heutiger Sicht Wegbereiter für Folgendes.

Gedichteauswahl:
Bald ist das Epigramm ein Pfeil... (Epigramme).

Knittelvers - Eine vierhebige, paargereimte Versform, die auf altdeutsche Reimpaare zurückgehend in der deutschen Dichtung des 16. Jahrhunderts aufkam. Da die deutsche Metrik damals noch zwischen alternierenden, quantitierenden und akzentuierenden Systemen schwankte, galt er lange als holprig, wurde im 17. und 18. Jahrhundert gering geschätzt und überlebte nur in volkstümlicher Dichtung. Um volksliedhafte sowie komische Wirkungen zu erzielen, lebte er ca. ab 1750 wieder auf, fand ebenso bei den Klassikern (Goethes Faust) wie in komischer Lyrik (Wilhelm Busch) sowie Dramatik Verwendung. Meist wird er als freier Vierheber mit beliebiger Senkungszahl eingesetzt.

Kraus, Karl - 28.4.1874, Gitschin/Böhmen - 12.6.1936, Wien. Sohn eines jüdischen Papierfabrikanten, ab 1877 in Wien Studium der Jura und Philosophie, anschließend Journalist und Literaturkritiker, gab 1899-1936 die Zeitschrift "Die Fackel" heraus, die stets streitbar und engagiert zu einer Institution wurde, ab 1911 nur noch mit eigenen Beiträgen; daneben Vorträge und szenische Auftritte. - Ein gefürchteter Publizist, maßgebender Schriftsteller und öffentliches Gewissen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, von WIen in den gesamten deutschen Sprachraum ausstrahelnd. Neben brillanten Aphorismen, ätzenden Satiren, Lyrik und Essays schrieb Kraus auch Dramen, wobei sein epochales Hauptwerk "Die letzten Tage der Menschheit" (1919) als Textmontage und schonungslose Abrechnung mit den Verbrechen des 1. Weltkriegs herausragt.

Gedichteauswahl:
Der sterbende Soldat (Kriegsgedichte); Nächtliche Stunde (Gedichte vom Leben); Mein Widerspruch (Politische Gedichte).

Krieger, Adam - 7.1.1634, Driesen/Neumark - 30.6.1666, Dresden. Der vor allem als Komponist und gelegentlich Liederdichter seinerzeit berühmte Sohn eines Feldhauptmanns erhielt eine hervorragende musikalische Ausbildung, wurde Kammer- und Hoforganist in Dresden. Mit Arien und Liedern traf er ebenso den volkstümlichen wie anspruchsvollen Geschmack seiner Zeit, blieb durch Liedsammlungen und evangelische Gesangbücher bis ins 18. Jahrhundert populär.

Gedichteauswahl:
Wer sich verliebt, wird sehr betrübt (Liebeskummer-Gedichte).

Kritzinger, Friedrich Wilhelm - 24.1.1816, Lehnin - 12.7.1890, Naumburg/Saale. Studierte Theologie in Berlin, danach als Lehrer und Seelsorger an Schulen, ab 1852 Direktor einer Lehrerinnenbildungsanstalt. Von seinen religiösen Liedern und Gedichten ist "Süßer die Glocken nie klingen" bekannt geworden.

Gedichteauswahl:
Süßer die Glocken nie klingen... (Weihnachtslieder).

L

Labé, Louise - um 1525, Parcieux nahe. Lyon - 25.4.1566, Parcieux; Nachname eigentlich Charly oder Charlieu wird sie nach dem Beruf ihres Vaters und auch Gatten auch La Belle Cordière (die schöne Seilerin) genannt. Dank hervoragender humanistischer Bildung war sie das bewunderte Zentrum der kulturell aufgeschlossenen Gesellschaft ihrer Heimat und Teil der Lyoner Dichterschule. Sie schrieb eine "Débat de folie et d'amour" (ein Zweigespräch des blinden Amor seiner Führerin Torheit), drei Elegien und 25 von Petrarca geprägte Sonette, deren leidenschaftlicher und persönlicher Ausdruck einer unerfüllten Liebe in ihrer Zeit einzigartig ist und die französische Renaissancelyrik einleitet.

Gedichteauswahl:
Ich leb, ich sterb... (Französische Gedichte).

Laistner, Ludwig - 3.11.1845, Esslingen - 22.3.1896, Stuttgart. Der Oberlehrerssohn studierte evangelische Theologie, war Vikar und Hauslehrer, seit 1880 freier Schriftsteller. - Tätig als Epiker, Übersetzer, Herausgeber, Literaturhistoriker, Mythen- und Sagenforscher.

Übersetzungen:
Vagantendichtung: Letzter Wille (Abschiedsgedichte).

Laotse - zwischen 600 und 400 v.u.Z., China; andere Umschriften: Laudzi, Lao-tzu, Lao Dse. Der "Alte Meister" ist als Philosoph, Weiser und Person eine eher legendenhafte Gestalt, von der sich als Verfasser des "Taoteking" (auch Daudedsching, bestehend aus 81 kurzen spruchartigen Kapiteln) die philosophisch-religiöse Bewegung des Taoismus herleitet. Es zählt durch zahlreiche Übersetzungen zum Kernbestand der Weltliteratur.

Auswahl von Kapiteln des Taoteking:
2: Wenn auf Erden alle das Schöne... (Gedichte zum Nachdenken); 7: Der Himmel ist bleibend... (Gedichte vom Leben); 17: Herrscht ein ganz Großer... (Politische Gedichte); 31: Waffen sind unheilvolle Geräte... (Kriegsgedichte); 34: Das große Tao... (Religiöse Gedichte); 47: Ohne aus der Tür zu gehen...(Religiöse Gedichte); 80: Ein Land mag klein sein... (Politische Gedichte).

Lenau, Nikolaus - 13.8.1802, Csatád/Ungarn - 22.8.1850 Oberdöbling bei Wien; eigentlich Nikolaus Franz Niembsch, Edler von Strehlenau. Sohn eines Offiziers und Beamten aus alter preußischer. Familie und einer deutsch-ungarischen Mutter, unstetes Studien der Philosophie, Jura und Medizin; seit 1830 finanziell unabhängig, Verkehr mit wichtigen Literaten in WIen und Stuttgart, scheiterte 1832/33 als Farmer in Pennsylvania/USA; zunehmende Depressionen führten 1844 zum geistigen Zusammenbruch, Einweisung in die Irrenanstalt. - Lyriker und Versepiker der Spätromantik, Inbegriff für Melancholie und Weltschmerz. Zerrissenheit, Einsamkeit und Fremdheit gießt er in klangvoll-dunkle Gedichte, überrträgt seine Emotionvorwiegend in beseelte Naturbilder.

Gedichteauswahl:
An die Melancholie (Melancholische Gedichte); Frage nicht (Valentintags-Gedichte); Guter Rat (Gedichtinterpretation); Herbstgefühl (Herbstgedichte); Neid der Sehnsucht (Sehnsuchtsgedichte); Tod und Trennung (Trauergedichte).

Leopardi, Giacomo - 29.6.1798, Recanati - 14.6.1837, Neapel. Aus alter italienischer Adelsfamilie, seinen intensiven Studien der Altphilologie physisch und psychisch nicht gewachsen, floh von den verhassten Eltern, scheiterte mit Berufsplänen als Übersetzer und Herausgeber. Nach vielen Stationen durch ganz Italien mit Spenden von Gönnern und einer familiären Rente gesichert, arbeitete er zunehmend Pflegebedürftige an der Vollendung seiner Gedichte, ab 1833 mit seinem Freund Antonio Ranieri in Neapel bis zu seinem Tod. - Völlig in Weltschmerz und Pessimismus aufgehend gilt Leopardi als bedeutendster italienischer Lyriker seit Petrarca. In klassisch-ausgewogener Formkunst, doch romantisch geprägtem Empfinden kreist er um Vereinsamung, Melancholie, die gleichgültig-feindliche Natur, patriotische Ideale jenseits der Realität. Neben seinen Gedichten drückte er sich auch in den verstreuten Gedanken des "Zibaldone" sowie philosophischen und literaturkritischen Essays aus.

Gedichteauswahl:
An mich selbst (Melancholische Gedichte); L'Infinito (Gedichte zum Nachdenken).

Lermontow, Michail Jurjewitsch - 15.10.1814 Moskau - 27.7.1841 Pjatigorsk/Kaukasus. Der Offizierssohn wuchs auf dem Landgut seiner Großmutter auf, studierte ohne Abschluss in Moskau, bevor er in St. Petersburg eine Kavalerieschule besuchte und Kornett in einem Garderegiment wurde. Sein Gedicht auf den Tod Puschkins 1837 brachte ihm eine Verbannung in den Kaukasus ein, die nach seiner Rückkehr wegen eines Duells 1840 erneuert wurde; dort starb er in einem weiteren Duell. - Der zu den großen russischen Romantikern gezählte Dichter melodiöser, emotional gespannter Lyrik und Versepen hatte wegen seines Freiheitsstrebens und sozialen Engagements stets mit der Zensur zu kämpfen. Mit seinem Hauptwerk, dem Roman "Ein Held unserer Zeit", schuf er die Basis für den psychologischen Roman und die Begründung des Realismus in Russland.

Gedichteauswahl:
Strophen (Melancholische Gedichte).

Gotthold Ephraim LessingLessing, Gotthold Ephraim - 22.1.1729, Kamenz/Oberlausitz - 15.2.1781, Braunschweig. Pfarrerssohn; Studium der Theologie und Philologie. Ab 1748 Theaterautor, freier Schriftsteller, aufklärerischer Essayist und Journalist, 1752 Promotion zum Magister der Philosophie; zeitlebens bei oft wechselnden Aufenthaltsorten in Kontroversen und Finanznöten. - Hauptrepräsentant und Überwinder der Aufklärung in der deutschen Literatur. Frühester deutscher Dramatiker, dessen Werke bis heute aufgeführt werden (Minna von Barnhelm, Emilia Galotti, Nathan der Weise). Auch Fabeldichter und Epigrammatiker, darin zwar hinter der Bedeutung seines sonstigen Werkes zurückstehend, doch nicht weniger originell und witzig. Bahnbrechender Ästhetiker und Literaturtheoretiker; Begründer des Humanitätsideals der deutschen Klassik, für die er Wegbereiter und Maßgeber war.

Gedichteauswahl:
Abschied an den Leser; An den Leser; An die Leier; Antwort eines trunkenen Dichters; Auf den Tod eines Affen; Auf die Europa; Auf einen Brand zu **; Auf einen gewissen Leichenredner; Das schlimmste Tier; Der Tod; Der trunkene Dichter lobt den Wein; Die Sinngedichte an den Leser; Die Liebe; Die Stärke des Weins (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche); Eine Gesundheit auf die Gesundheiten (Geburtstagsgedichte); Lob der Faulheit (Lustige Gedichte).

Li Bo - 701, wahrscheinlich Ostturkestan - 762, T'ai-p'ing (Anhui); der chinesische Dichter ist auch als Li Po oder Li-tai-peh bekannt. Aus alter Beamtenfamilie, ungezügelte Jugend, war sein ganzes Leben auf Reisen, vier Ehen. Ausnahmestellung unter chinesischen Dichtern, weil er nie Beamter war; genuss- und ruhmsüchtig, aber einhellig als genial erkannt. Neigung zum Taoismus, politisch und sozial indifferent. Dichtung ist Li Bo keine Formkunst, sondern Selbstaussage, in Sprache, Bildern und Anspielungen kühn und exzentrisch. Mit Du Fu und Po Chü-i bildet er den Gipfel der Tang-Lyrik.

Gedichteauswahl:
Blick in den Spiegel (Abschiedsgedichte, Lustige Gedichte).

Lichtenstein, Alfred - 23.8.1889, Berlin - 25.9.1914, Vermandovillers bei Reims. Sohn eine jüdischen Textilfabrikanten, schloss sein Jurastudium mit der Promotion ab; 1913 Militärdienst, starb 1914 bald nach Kriegsbeginn an der Westfront. - Expressionistischer Lyriker und Erzähler, hatte seit 1910 mit Publikationen Aufsehen erregt, die Sinnlosigkeit, Trauer und Bedrohung grotesk und schwarzhumorig thematisieren.

Gedichteauswahl:
Aschermittwoch (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche); Der Winter (Windergedichte); Gebet vor der Schlacht (Kriegsgedichte).

Liliencron, Detlev von - 3.6.1844, Kiel - 22.7.1909, Alt-Rahlstedt bei Hambur. Sohn eines Zollverwalters und einer Generalstochter; Offizier in preußischem Militärdienst, nahm an drei Kriegen teil (1870 bei St. Rémy verwundet), 1875 Austritt aus der Armee. Unterschiedliche Berufe in Amerika und Norddeutschland, ab 1892 freier Schriftsteller. - Wichtigster Vertreter des Impressionismus im Deutschen, als Vorkämpfer einer wirklichkeitsnahen, ungekünstelten Dichtung im Gegensatz zum Epigonentum seiner Zeit von enormem Einfluss. Schrieb auch Balladen, Kriegsnovellen, Epen und Erzählungen.

Gedichteauswahl:
Herbst (Herbstgedichte); Kinderland, du Zauberland... (Kindergedichte); Pidder Lüng (Balladen).

Lingg, Hermann von - 22.1.1820, Lindau - 18.6.1905, München. Der Advokatensohn studierte Medizin, Militärarzt, ab 1851 pensioniert und in Münchener Dichterkreisen. - Durchaus eigenständiger Lyriker, der liedhafte und elegische Gedichte sowie historische Balladen schrieb. Als historischer Epiker ("Die Völkerwanderung" 1865-8) und Dramatiker hat er noch weniger Nachwirkung.

Gedichteauswahl:
Lied (Liebeskummer-Gedichte).

Logau, Friedrich Freiherr von - Juni 1604, Brockuth bei Nimptsch/Schlesien - 24.7.1655, Liegnitz. Sohn eines Gutsbesitzers aus altem schlesischen Geschlecht, Jurastudium durch Kriegsunruhen unterbrochen, verwaltete das Familiengut; große Not durch den Krieg; ab 1644 Kanzlei- und Regierungsrat am Hof des Herzogs Ludwig von Brieg. - Bedeutendster deutscher Epigrammatiker des 17. Jahrhunderts; schrieb viele dichterisch wie auch kulturhistorisch bedeutsame Sinngedichte, die satirisch-zeitkritisch und sittlich-religiös motiviert sind und oft aus Mundart schöpfen, doch formal geschliffen sind.

Gedichteauswahl:
An einen Freund (Freundschaftsgedichte); Demuth (Epigramme); Des Menschen Alter (Gedichte vom Leben); Fastnacht (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche); Grabschrift eines Speise- oder Kuchelmeisters (Epigramme); Heutige Welt-Kunst (Politische Gedichte); Hochzeit-Wuntsch (Hochzeitsgedichte); Krieg und Friede (Kriegsgedichte); Mütterliche Liebe (Muttertagsgedichte).

Löns, Hermann - 29.8.1866, Kulm/Westpreußen - 26.9.1914, Loivre vor Reims. Sohn eines Gymnasiallehrers, Studium der Naturwissenschaften und Medizin danach unstetes Leben als Zeitungsredakteur; ging 1914 als Freiwilliger in den 1. Weltkrieg, starb bei einem Sturmangriff. - Stimmungsintensiver, genau beobachtender Dichter der Lüneburger Heide, Natur- und Tierschilderer. Als Erzähler der spukhaften und sinnlichen Sphäre im niedersächsischen Bauernmilieu zugewandt, ist Löns als Lyriker auf oft vertonte Lieder und Balladen konzentriert.

Gedichteauswahl:
Die Nacht im Winter (Windergedichte). Sommer (Sommergedichte).

Luther, Martin - 10.11.1483, Eisleben - 18.2.1546, Eisleben. Entstammte einem thüringischen Bauerngeschlecht, Studium der Philosophie und Jura, Augustinermönch. Er erlangte als Initiator der Reformation weltgeschichtliche Bedeutung, als Übersetzer der Bibel eine unvergleichliche Stellung in der Entwicklung der deutschen Sprache. Er verfasste eine kaum übersehbare Anzahl von Schriften, darunter auch Kirchenlieder in der ihm eigenen, dem Volksmaul abgeschauten Sprachkraft und einprägsamen Bildlichkeit.

Gedichteauswahl:
Vom Himmel hoch da komm ich her... (Weihnachtslieder).
Übersetzungen:
Psalm Davids (Religiöse Gedichte).

M

Martial - 1.3. zwischen 38 und 41, Bilbilis/Spanien - zwischen 101 und 104, Bilbilis; eigentlich Marcus Valerius Martialis. Von keltisch-iberischer Abkunft; grammatische und rhetorische Studien, ab 64 in Rom, woer von reichen Gönnern lebte, als Epigrammatiker auf Gesellschaften Karriere machte, von den Kaisern Titus und Domitian ausgezeichnet wurde, bis er 98 altersmüde auf ein Landgut in seine Heimatstadt zurückkehrte. - Mit Tagesereignissen, Klatsch und Situationskomik als Stoff führte Martial das Epigramm zu höchster stilistischer Vollendung, die seine Obszönität und liebedienerische Haltung nicht leugnet. Von der Spätantike über das Mittelalter und die Renaissance war er maßgebend für die lyrische Kurzform, wirkte auch auf Logau und Lessing. Die von ihm Xenia genannten Distichen, die als Gast- und Küchengeschenke fungierten, gaben Vorlage und Namen für Goethes und Schillers gemeinsam verfasste Sammlungen Xenien.

Metrum - Das wichtigste Ordnungsprinzip dichterischer Sprache und des Verses; Metren können in regelmäßigen Schemata oder als ungebundene, freie Rhythmen auftreten. Die Silbe ist dabei das Sprachelement, welches metrischen Strukturen zugrunde liegt; die Charakteristiken einer Silbe, die dafür herangezogen werden, sind je nach Sprache verschieden. Man unterscheidet drei Arten metrischer Silbenbehandlung: 1. quantitierend, wobei die lautlichen Längen und Kürzen der Silben berücksichtigt werden (antikes Griechisch, Latein); 2. akzentuierend, wobei die Betonung (auch Akzent oder Hebung) und Nichtbetonung (Senkung) der Silben maßgeblich sind (germanische Sprachen); 3. alternierend, d.h. betonte und unbetonte Silben wechseln sich stets ab, womit die Anzahl der Silben den Vers oder syntaktische Einheit bestimmt (romanische Sprachen).

Meyer, Conrad Ferdinand - 11.10.1825, Zürich - 28.11.1898, Kilchberg bei Zürich. Sohn eines Regierungsrats aus alter Patrizierfamilie, deutsch und französisch gebildet, früh gemütskrank, Jura-Studium, durch Erbschaft unabhängig; erst 1870 Festigung in dichterischem Schaffen und Entscheidung für die deutsche Sprache; ab 1892 geisteskrank. - Als Lyriker setzte er mit historischen Balladen ein, strebte von individueller Aussage zum symbolistisch-objektiven Gedicht. Als Erzähler beschäftigten ihn silisierte historische und legendenhafte Stoffe.

Gedichteauswahl:
Neujahrsglocken (Neujahrsgedichte).

Michelangelo Buonarroti - s. Buonarroti, Michelangelo

Milton, John - 9.12.1608, London - 8.11.1674, London. Sohn eines Notars, Studium in Cambridge, gab die Absicht Geistlicher zu werden auf, um die Dichterlaufbahn einzuschlagen, reüssierte mit Maskenspielen und Lyrik, bevor er auf Bildungsreise in Frankreich und Italien die wichtigsten damaligen Geistesgrößen kennenlernte. Kehrte 1639 nach England zurück, um im Bürgerkrieg die Puritaner unter dem von ihm verherrlichten Oliver Cromwell gegen die Royalisten zu unterstützen; nach dessen Sieg stellte er sich in den Dienst des Commonwealth, kämpfte publizistisch für bürgerliche und religiöse Freiheit, war diplomatischer Korrespondent im Staatsrat. Nach Rückkehr der Stuarts kurz inhaftiert, lebte er bis zu seinem Tod dürftig, trotz vieler Besucher vereinsamt und erblindet. - Eine Schriftstellergestalt von weltliterarischer Bedeutung, verschmolz puritanisch-religiöse Ideale mit denen der Renaissance. Seinen andauernden literarischen Ruhm begründete Milton erst, als nach 1660 seine politiischen Schriften öffentlich verbrannt wurden, in Blindheit und Isolation. Höchsten Rang eignet dem religiösen Versepos "Paradise Lost" (Das verlorene Paradies), das die Geschichte des Sündenfalls verfolgt und in Satan eine singuläre Gestalt vorstellt. Neben dem Nachklang dazu "Das wiedergewonnene Paradies" sind noch das autobiographisch geprägte Lesedrama "Samson Agonostes" und die Sonette als herausragende Werke Miltons zu erwähnen.

Gedichteauswahl:
An die Zeit (Englische Gedichte).

Mohammed Ibn Abdallah - um 570, Mekka - 8.6.632, Medina. Der Religionsstifter des Islam war mit 6 Jahren Vollwaise, heiratete die reiche, 20 Jahre ältere Kaufmannswitwe Chadidja, nach ihren Tod nochmals zwölf Frauen; hatte um 610 ein religiöses Berufungserlebnis, aus den fortlaufend verkündeten Visionen wurde später der Koran als heilige Schrift zusammengestellt. Nach Emigration und wechselhaften Auseinandersetzungen mit Christen, Juden und militärischen Feldzügen waren bei seinem Tod genügend arabische Stämme und Städte bekehrt, um eine beispiellose religiöse und kulturelle Expansion zu beginnen.

Gedichteauswahl:
Aus dem Koran: Die Eröffnerin des Buches, Sure 1; Die Leugner, Sure 109; Bekenntnis der Einheit, Sure 112 (Religiöse Gedichte).

Mohr, Joseph Franz - 11.12.1792, Salzburg - 5.12.1848, Wagrain/Pongau. Sohn eines Musketiers, Theologiestudium an der Universität Salzburg 1815 zum Priesterweihe; Hilfsprediger und Vikar meist im Erzbistum Salzburg. In Oberndorf bei Salzburg schrieb er am 24.12.1818 das dreistrophige Weihnachtslied "Stille Nacht, heilige Nacht", seine einzige dichterische Veröffentlichung. Es wurde noch am gleichen Tag vom Lehrer und Kirchenmusiker Franz Xaver Gruber (1787-1863) vertont, in der Christmette aufgeführt und auf der ganzen Welt bekannt.

Gedichteauswahl:
Stille Nach, heilige Nacht... (Weihnachtslieder).

Christian MorgensternMorgenstern, Christian - 6.5.1871, München - 31.3.1914, Meran. Sohn eines Kunstprofessors, studierte Volkswirtschaft, Jura, Philosophie und Kunstgeschichte, anschließend viel auf Reisen, wegen Tuberkulose seit 1893 besonders zu Heilstätten; ab 1894 Redakteur, Journalist, Verlagslektor und Schriftsteller. - Der vielschichtige Lyriker ist berühmt für seine grotesk-phantastischen Verse der Sammlungen "Galgenlieder" (1905) und "Palmström" (1910) die mit hintergründigem Witz und damals neuartiger, feinsinniger Sprachspielerei aufwarten, die viele Autoren nach ihm anregte. In deren Schatten stehen seine Gedanken- und Seelenlyrik (von F. Nietzsche und R. Steiner beeinflusst), seine unkonventionellen Aphorismen und seine Übersetzungen aus den zeitgenössischen skandinavischen Literaturen (Ibsen, Strindberg, Hamsun).

Gedichteauswahl:
Bim, Bam, Bum; Das ästhetische Wiesel (Kindergedichte); Das große Lalula; Das Symbol des Menschen; Denkmalswunsch; Der Hecht; Der Lattenzaun; Der Werwolf (Lustige Gedichte); Die Trichter; Die unmögliche Tatsache; Die zwei Wurzeln; Galgenberg; Geburtsakt der Philosophie; Hier im Wald mit dir zu liegen...; Ich liebe dich...; Lied (Frühlingsgedichte); Messkunst wird und Forscherlust....

Eduard MörikeMörike, Eduard - 8.9.1804, Ludwigsburg - 4.6.1875, Stuttgart. Sohn eines Kreismedizinalrats, Theologiestudium, ab 1826 Vikariate und Pfarrerstellen, 1843 pensioniert. Dann noch Literaturlehrer, Hofrat und Professor beschloss er sein Leben zurückgezogen. - Gilt als bedeutendster deutscher Lyriker zwischen Romantik und Realismus und Hauptvertreter des schwäbischen Biedermeier. Seine an deutscher Klassik und Romantik geschulten Gedichte verbinden Volksliedelemente mit antikem Formbewußtsein, verdichten innige Naturerlebnisse und umfassen Idylle und Bedrohtheit gleichermaßen. Als Erzähler trat er mit Märchen, Novellen ("Mozart auf der Reise nach Prag") und dem Künstlerroman "Maler Nolten" hervor. Außerdem kongenialer Übersetzer griechischer und römischer Lyrik.

Gedichteauswahl:
An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang; An meine Mutter (Muttertagsgedichte); An X. und Y.; Auf ein Ei geschrieben (Ostergedichte); Bei einer Trauung; Der Abgebrannte; Die Elemente; Die Tochter der Heide; Die traurige Krönung; Er ist's (Frühlingsgedichte); Früh im Wagen; Lebewohl (Trennungsgedichte); Meines Vetters Brautfahrt (Lustige Gedichte); Nicht lange will ich meine Wünsche... (Geburtstagsgedichte); Sehnsucht; Septembermorgen; Verborgenheit.

Mozart, Wolfgang Amadeus - 27.1.1756, Salzburg - 5.12.1791, Wien. Österreichischer Komponist, der ein umfangreiches, einzigartiges Werk in nahezu allen Sparten und Besetzungen geschaffen hat. Dass eines der größten musikalischen Genies aller Zeiten auch die Schreibfeder gern und hinreißend zu führen verstand, weiß jeder, der einmal Briefe von ihm gelesen hat. Sein Sprachtalent wird auch in den wenigen beiläufig verfassten Gedichten evident, die von ihm bekannt sind.

Gedichteauswahl:
Du wirst im Ehstand viel erfahren... (Hochzeitsgedichte).

Mühsam, Erich - 16.4.1878, Berlin - 10.7.1934, ermordet im Konzentrationslager Oranienburg. Aufgewachsen in Lübeck, zunächst Apotheker; ab 1901 freier Schriftsteller, Zeitschriftenredakteur und politischer Aktivist. 1919 Mitglied des Zentralrats der revolutionären bayrischen Räterepublik, dann bis 1924 im Gefängnis. - Anarchistischer Lyriker, Dramatiker und Essayist, stilistisch im Expressionismus wurzelnd.

Gedichteauswahl:
Der Revoluzzer (Balladen); Kriegslied (Kriegsgedichte); Liebesweh (Liebeskummer-Gedichte).

Müller, Wilhelm - 7.10.1794, Dessau - 30.9.1827, Dessau. Schneiderssohn, Studium der Philologie, als Gardejäger im Krieg gegen Napoleon, danach umtriebig als Reisebegleiter, Lehrer, Bibliothekar, Redakteur und Herausgeber. - Als Lyriker der Spätromantik sehr volkstümlich, sangbar und naturverbunden, von ihm stammen Titel wie "Am Brunnen vor dem Tore", "Im Krug zum grünen Kranze", "Das Wandern ist des Müllers Lust" sowie die Texte zu Schuberts berühmten Liederzyklen "Die schöne Müllerin" und "Winterreise"; doch eignete ihm auch eine satirische und epigrammatische Ader. Daneben verfasste er Reiseschilderungen, Essays und Übersetzungen.

Gedichteauswahl:
Der Dichter, als Prolog (Gedichte der Romantik); Erstarrung (Liebeskummer-Gedichte); Pfingsten (Frühlingsgedichte).

Musset, Alfred de - 11.12.1810, Paris - 2.5.1857, Paris. Aus adliger, die Schriftstellerei pflegender Familie, mit 18 Jahren als Jüngster beim romantischen 'Cénacle' um Victor Hugo, ab 1831 eigene dichterische Wege als umschwärmtes Zentrum der Pariser Salons, 1852 Mitglied der Académie Française; Alkoholismus, unsteter Lebenswandel als Dandy ruinierten ihn gesundheitlich. - Mit Lyrik, Verserzählungen, Novellen und Dramen (beeinflusst von Byron, Goethe, E.T.A Hoffmann) zeigt er sich als virtuoser Formkünstler und vielseitiger Romantiker, antibürgerlich mit nihilistischem Grundzug.

Gedichteauswahl:
Auf eine Tote (Französische Gedichte).

N

Nietzsche, Friedrich - 15.10.1844, Röcken/Thüringen - 25.8.1900, Weimar. Pfarrerssohn, Studium der klassischen Philologie, Professur in Basel, im Krieg 1870/71 freiwilliger Krankenpfleger, wegen Nerven- u. Augenleiden ab 1876 im Ruhestand. Prägend war dir Freundschaft mit Richard Wagner ab 1868, die sich seit 1776 zur Gegnerschaft wendete. Weilte vor allem in der Schweiz und Italien zum Schreiben, bevor er seit einem paralytischen Zusammenbruch 1889 in zunehmender geistiger Umnachtung darbte. - Der bedeutendste und international einflußreichste deutsche Philosoph seiner Epoche, der durch Kulturkritk und Destruktion von Moral, Religion und Idealismus eine ästhetisch-vitalistische Lebensphilosophie entwarf; Neudeuter der antiken Kultur aus dem Wechselspiel des Apollinischen und Dionysischen. Sein Denken und Schreiben ist gewollt unsystematisch, er ist Aphoristiker und Fragmentarist, getragen von musikalischem Sprachgefühl und stilistischer Brillianz. Dies charakterisiert auch seine Lyrik. Durch seine Sprache und sein Denken war er ein immenser Anreger der nicht nur der deutschen, sondern der Weltliteratur.

Gedichteauswahl:
Der Einsame (Gedichte zum Nachdenken); O Mensch! Gib acht... (Gedichte zum Nachdenken); Vereinsamt (Wintergedichte).

Notker der Stammler - um 840, Jonschwil/St. Gallen - 6.4 912, St. Gallen; auch Notker I. Balbulus. Aus Adelsfamilie, schon jung Mönch im Benediktinerkloster St. Gallen, dort Lehrer, Bibliothekar und Gelehrter. - Die weitausstrahlende Gestalt des frühen Mittelalters verfasste als Lyriker ungefähr 40 lateinische Sequenzen (Messgesänge nach romanischen Vorbildern), zu denen er teils auch die Melodien beisteuerte, war Begründer und Vorbild dieser wirkungsreichen Form im deutschen Sprachraum. Er verfasste außerdem das Erzählbuch "Die Taten Karls des Großen", eine "Vita St. Galli" und maßgebende theologische und urkundlich-briefliche Musterbücher.

Gedichteauswahl:
Auf Ostern (Ostergedichte).

Novalis - 2.5.1772, Gut Oberwiederstedt bei Mansfeld - 25.3.1801, Weißenfels; Pseudonym für Friedrich Freiherr von Hardenberg. Sohn eines Gutsbesitzers und Salinendirektors, von Jugend auf kränklich, Studium der Philosophie und Jura, dann in Verwaltungsdiensten für Salinen und später Bergwerke. 1796 starb seine Braut nach zweijähriger Verlobung im Alter von 15; 1800 zum Amtshauptmann im Thüringischen Bergkreis ernannt, starb er bald darauf an Schwindsucht. - Eine der herausragendsten Gestalten der deutschen Romantik: Lyriker, Erzähler, Esssayist, Aphoristiker und philosophioscher Denker; in seinem fragmentarischen Roman "Heinrich von Ofterdingen" der Blauen Blume ein, die zum Symbol der Romatik überhaupt wurde. Novalis dichtete eine überreale Traumwirklichkeit, mystische Phantasie und kindliche Gläubigkeit zielen auf eine Apotheose universaler Poesie. Seiner Lyrik eignet eine ungemein melodische und meist schlichte Sprache, am Bekanntesten sind die Zyklen "Geistliche Lieder" und die "Hymnen an die Nacht", die in Todeserotik an die verstorbene Geliebten gerichtet sind.

Gedichteauswahl:
Es färbte sich die Wiese grün (Frühlingsgedichte); Sehnsucht nach dem Tode (Religiöse Gedichte); Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (Gedichte der Romantik).

O

Ode - Der aus dem Griechischen (=Gesang) stammende Begriff meinte ursprünglich die mit Sprechteilen regelmäßig wechselnden Chorgesänge in der Tragödie. Gleichzeitig verwendete man den Begriff für eine lyrischer Form asb dem 7. Jahrhunderet v.u.Z., die in strengen Strophenformen (Odenmaße) dem weihevoll-feierlich Erhabenen gewidmet war und sich von der Hymne nicht immer scharf trennen lässt. Nachdem Alkaios, Sappho, Alkman und bei den Römern Horaz noch die sangbare Ode gepflegt hatten, wandelte die Renaisance sie zu einer im Gegensatz zum Lied stehenden Form der Gedanken- und Gelegenheitslyrik um. Als solche bildete sie in den europäischen Literaturen bis heute wirksame Traditionen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen.

Onomatopoesie - Der dem Griechischen entnommene Begriff für lautmaleriche Ausdrücke, wie etwa "Kuckuck", "summen".

Opitz, Martin - 23.12.1597, Bunzlau - 20.8.1639, Danzig. Sohn eines Metzgers und Ratsherrn, Studium der Jura und Philosophie. Zunächst auf Flucht vor dem seit 1618 ausgebrochenen Dreißigjährigen Krieg, bewegte er sich als Rat und Diplomat an wichtigen Höfen, erhielt als Dichter die Krönung durch Ferdinand II. in Wien. Starb als Königlicher Sekretär Wladislaws von Polen an der Pest. - Im "Buch von der deutschen Poeterey" (1624) schuf Opitz bis ins 18 Jahrhundert gültigen Grundlagen, seine den akzentuierenden Charakter des Deutschen umsetzende Verslehre hat sich bis heute im Wesentlichen erhalten. Seiner eigenen Dichtung eignet zwar formale Kunstfertigkeit, doch im Streben nach Musterhaftigkeit fehlt ihr im Nachhinein Originalität, so sehr sie zu ihrer Zeit bewundert wurde. Neben weltlicher und geistlicher Lyrik, großen Alexandriner-Lehrgedichten u.a. schrieb er das Libretto der 1. deutschen Oper ("Dafne", Musik von Heinrich Schütz).

Gedichteauswahl:
Am Heiligen Oster-Tage (Ostergedichte); Epigramma dass er gezwungen würde in den Krieg zu ziehen (Epigramme); Ruhet dann... (Hochzeitsgedichte).
Übersetzungen:
Anakreonteia: Das Trinken (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche); Francesco Petrarca: Ist Liebe lauter nichts... (Liebesgedichte).

P

Pentameter - siehe Distichon.

Petöfi, Sándor - 1.1.1823 Kiskörös - 31.7.1849 Segesvár. Der Sohn eines slowakischen Fleischerhauers verließ das Gymnasium, war dann Gehilfe am Theater, Soldat, Student und Schauspieler, publizierte ab 1842 Gedichte und Übersetzungen aus dem Deutschen. 1848 schloss er sich als Hauptmann der Revolutionsarmee an und starb in der Schlacht bei Segesvár. - Petöfi gilt als der größte ungarische Lyriker und wird als Volksheld verehrt. Direkt ansprechend und volkstümlich zeigen seine Gedichte sich träumerisch und offen für das Schöne, verbunden mit Freiheitswillen und der Landschaft der Puszta.

Gedichteauswahl:
Todessehnsucht (Melancholische Gedichte).

Petrarca, Francesco - 20.7.1304, Arezzo - 19.7.1374, Arquà bei Padua. Sohn eines Notars, der aus politischen Gründen aus Florenz verbannt worden war. Studium der Rechte; von verschiedenen Freunden, Gönnern und Auftraggebern gefördert, bewegte er sich auf hohem Parkett, meist auf Reisen, die ihn durch ganz Europa führten. 1327 traf er erstmals die nie mit Sicherheit identifizierte Frau, die seine lebenslange Liebe wurde und als die Laura seiner Dichtung einen beispiellosen Stellenwert einnimmt. Der ihr gewidmete Sonett-Zyklus "Canzoniere" markiert den Wendepunkt von der mittelalterlichen Verehrung der Frau als schier jenseitige Heilige zum sinnlich-weltlichen Schönheitsideal der Renaissance. Dieser Höhepunkt italienischer Lyrik blieb jahrhundertelang formal und inhaltlich vorbildlich für die Liebesdichtung weit über Italien hinaus (Petrarkismus). Die Traktate und Bekenntnisschriften, die Petrarca neben seiner Lyrik schrieb, lassen ihn mit ihrer Emanzipation des Individuellen erstmals die der Moderne wesentlichen Züge in die europäische Geistesgeschichte einbringen und begründeten die europäische Bewegung des Humanismus.

Gedichteauswahl:
Ist Liebe lauter nichts...
(Liebesgedichte); Mir träufeln bittre Tränen... (Liebeskummer-Gedichte).

Petronius Arbiter, Gaius - Freitod 66, Rom. Der römische Schriftsteller spielte, nach einer politischen Karriere bis in das Amt des Konsuls als arbiter elegantiae (Schiedsrichter des guten Geschmacks) eine zentrale Rolle am Hof des Kaisers Nero. Von einem Neider der Verschwörung bezichtigt, entzog er sich der Verurteilung durch Suizid, nicht ohne dem berüchtigten Tyrannen im Testament seine Verbrechen und Ausschweifungen vorzuhalten - Von Petronius stammt der in der römischen Literatur einzigartige, nur zu einem Zehntel erhaltene Roman "'Satiricon", episodenhaft, Prosa und Vers mischend, ebenso frivol und satirisch wie psychologisch feinsinnig und realistisch, das Sittengemälde der neronischen Zeit vermittelt.

Gedichteauswahl:
Welch eine Nacht... (Liebesgedichte).

Pfeffel, Gottlieb Konrad - 28.6.1736, Colmar - 1.5.1809, Colmar. Aus gebildetem Bürgertum, Jurastudium, ab 1757 erblindet; Tätigkeit als Erzieher und Gründung eines Instituts für adelige Jugendliche. - Der seinerzeit berühmte Fabeldichter mit gesellschaftskritischen, pädagogisch-aufklärerischen Ambitionen schrieb auch einige Erzählungen, Dramen und Gedichte.

Gedichteauswahl:
Die Maden (Gedichte zum Nachdenken).

Platen, August von - 24.10.1796, Ansbach - 5.12.1835, Syrakus/Sizilien. Aus verarmter Adelsfamilie, schlug die Militärlaufbahn ein, Frankreichfeldzug. Unbefristet beurlaubt begann er 1819 ein Studium in Jura, Sprachen, Philosophie und Naturwissenschaft. Ab 1826 in freiwilliger Verbannung meist in Italien. - Lyriker im Gefolge der Romantik, Formkünstler in der Verwendung antiker, romanischer und orientalischer Metren als Ausdruck seines Strebens nach ästhetischer Verfeinerung. Verfasste auch satirische. Zeitgedichte und Balladen, war als Dramatiker jedoch nicht erfolgreich.

Gedichteauswahl:
Des Königs Liebchen (Balladen); Mein Herz ist zerrissen... (Liebeskummer-Gedichte).

Poe, Edgar Allan - 19.1.1809, Boston - 7.10.1849, Baltimore. 1810 Waise geworden ließ ihn ein Kaufmann als Gentleman erziehen, 1815-20 Schule in London, 1826 Studium in Charlottesville, Bruch mit dem Ziehvater, ab 1827 bei der Armee, Entlassung 1831; danach wechselnde Tätigkeiten als Journalist und Schriftsteller, schwankte zwischen Ausschweifung und Armut, starb unter ungeklärten Umständen. - Ein von der Romantik, besonders Coleridge, initiierter Dichter, Erzähler und Zeitungsschreiber, der eine von Morbidität dominierte, begrenzte thematische Palette besaß, diese jedoch mit enormer Wortkunst, analytischem Verstand und obszessiver Phantastik unvergleichlich anzuwenden wusste. Er begründete so populär gewordene Genres wie die Schreckens- und Detektivgeschichte, entwickelte die wirkungsmächtige Theorie der auf den Endeffekt hin konzipierten Kurzgeschichte. Ähnlich legte er seine Lyrik an, hinterließ an Zahl wenige, doch höchst artifizielle und ausgefeilte Gedichte. Besonders über seine Übersetzer Baudelaire und Mallarmé wurde er zu einer der einflussreichsten Autoren und Ideengeber der modernen abendländischen Literatur.

Gedichteauswahl:
Annabel Lee (Englische Gedichte).

Prätorius, Michael - 15.2.1571, Creuzburg/Thüringen - 15.2.1621, Wolfenbüttel. Der Pfarrerssohn studierte Theilogie und Philosophie, arbeitete als Organist und Kapellmeister im protestantischen Deutschland. Er war einer der bedeudensten Komponisten seiner Zeit, hat desweiteren umfassende musiktheoretische Schriften verfasst.

Gedichteauswahl:
Winterrose (Weihnachtslieder).

Psalm - von Altgriechisch Psalmos=Saitenspiel. Die von 1000-300 v.u.Z. enstandene hebräische Sammlung religiöser Hymnen, Klage-, Bitt- und Dankeslieder bildet das Buch der Psalmen im Alten Testaments der Bibel. Es wird manchmal auch "Psalter" genannt, teilweise Moses und den Königen David und Salomon zugeschrieben und besteht aus 150 Gedichten unterschiedlichster Thematik, reicht von Kurzstrophen bis zu kunstvollen Liedern, die ohne Ordnungsprinzip zusammengestellt sind.

Gedichteauswahl:
Psalm Davids, vorzusingen auf der Gittiht (Religiöse Gedichte).

Puschkin, Alexander Sergejewitsch - 26.5.1799, Moskau - 29.1.1837, St. Petersburg. Entstammte altem Adel und war Urenkel des Mohren von Zar Peter dem Großen, erste Gedichtveröffentlichung mit 15; ab 1817 im Staatsdienst, wegen freiheitserstrebender Lyrik und epigrammatischer Satiren in den Süden Russlands strafversetzt; ab 1827 freier Schriftsteller in Moskau und St. Petersburg, starb nach einem Duell. - Puschkin ist die überragende Persönlichkeit in der Entwicklung der russischen Literatursprache, bezog abendländische Anregungen (besonders französische Dichtung, Shakespeare und die zeitgenössische Romantik mit Byrons Weltschmerzpoesie) wie auch Volkspoesie ein, maßgeblich in Versepeos (Eugen Onegin), Drama (Boris Godunow), mit kritischen und literaturgeschichtlichen Schirften sowie besonders als Lyriker von unvergleichlichem Rang. Neben poltischen Intentionen beschäftigten ihn Motive wie Vergänglichkeit und Sinnentleertheit des Daseins.

Gedichteauswahl:
Die Wolke (Gedichte der Romantik).

 

 

Lexikon:  A-G   R-Z  -  Lyrik-Lesezeichen-Startseite

Fussgrafik der Gedichte-Anzeige